Die aktuellen Entwicklungen machen deutlich, welches besorgniserregende Niveau gesellschaftliche und politische Diskurse in unserem Land erreicht haben. Bei allen Beteiligten herrscht eine Atmosphäre der maximalen Entrüstung und Skandalisierung. Jede Entscheidung, jede Stellungnahme oder jede Handlung des als „politischer Gegner“ markierten Gegenübers wird als Abgrund an Schlechtigkeit, als Ausbund von Niedertracht und Manifestation verdorbener Charakterlosigkeit qualifiziert.
Gerade in den deutsch-türkischen Beziehungen und hierbei insbesondere nach der Bundestagsresolution vom 02.06.2016 scheinen sich alle Akteure wechselseitig die schlechtesten Eigenschaften und die verwerflichsten Motive zuzuschreiben.
Jede Seite reklamiert für sich die Position der absoluten Tugend und der edelsten Beweggründe, so dass dem „Gegner“ natürlich nur noch die Rolle des ebenso vollkommenen Bösen zukommen kann.
Das deutsch-türkische Verhältnis gleicht einem Scherbenhaufen. Ohne Rücksicht auf Nuancen oder Empathie für die Wahrnehmung und das Empfinden des anderen wird hemmungslos noch der kleinste Rest dessen zerschlagen, was man gemeinhin als interkulturelle Verständigung oder gedeihliches Miteinander zu beschreiben pflegt.
Die Beteiligten erinnern dabei an die Parteien eines Rosenkrieges, die auch die letzte Rücksicht auf die frühere Beziehung verloren haben und hasserfüllt nur noch die maximale Schädigung und Verletzung des ehemaligen Partners beabsichtigen. Der Endkampf um den bisherigen gemeinsamen Hausstand führt in eine blinde Zerstörungswut, mit der man jedes noch so wertvolle Gut zu zerstören gewillt ist, um es ja nicht dem anderen überlassen zu müssen.