FAZ: Freude Am Zampano – Eine Danksagung, Drama in drei Akten, 2. „Die Dichtung“

Im ersten von drei Teilen dieses Blogartikels wurde mit der Analyse des aktuellen Gastbeitrages Susanne Schröters in der FAZ begonnen. Nach der Beschreibung der Ausgangslage, der Bühnengestaltung des „islamkritischen Diskurses“, folgt nun im zweiten Teil die inhaltliche Betrachtung der darin getroffenen Aussagen.

Wortreich führt Schröter in ihrem Gastbeitrag aus, wie viele Beamte des türkischen Staates wo überall bei der DITIB welche Funktionen bekleiden. Damit will sie darlegen, wie abhängig die DITIB doch von der türkischen Politik sei. Das ist das bekannte Narrativ des verlängerten Ohrläppchens, also der Heteronomie.

Was sie verschweigt, vielleicht nicht einmal weiß, ist die Tatsache, dass alle diese Beamten Theologen und eben wegen dieser theologischen Kompetenz in die Gremien der DITIB eingebunden sind. Als Religionsgemeinschaft braucht man nun mal Theologen. Das ist eine sehr schlichte Feststellung, deren geistige Durchdringung aber offenkundig nicht jeder und jedem gelingt. Und das ist jetzt nicht – in gewohnter Weise – polemisch gemeint, sondern ein Fingerzeig auf die Probleme der Etablierung der islamischen Theologie in der akademischen Landschaft in Deutschland.

FAZ: Freude Am Zampano – Eine Danksagung, Drama in drei Akten, 1. „Die Bühne“

Anmerkung: Es braucht wesentlich größere Mühe, einen Stein aus dem Brunnen zu holen, als ihn hineinzuwerfen. Die Methoden der „Islamkritik“, die durch die FAZ mittels des Gastbeitrages Susanne Schröters hier öffentlich zur Schau gestellt werden, sind so exemplarisch für den Zustand der Debatte, dass sie ausführlich auseinandergenommen und in ihren Einzelteilen genauer untersucht werden müssen. In einem dreiteiligen Blogbeitrag soll das an dieser Stelle geschehen.

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Danke, liebe FAZ und liebe Susanne Schröter, für diesen großartigen Gastbeitrag!

In der FAZ vom 19.08.2016 (Print) bzw. vom 20.08.2016 (Online) ist ein Gastbeitrag erschienen, mit dem sich nun auch Susanne Schröter als Unterstützerin der „islamkritischen Szene“ outet.

Dass ihr Beitrag in der FAZ publiziert wird, darf man ruhig als alles andere als einen Zufall verstehen. Die FAZ bewegt sich mit den jüngsten Veröffentlichungsentscheidungen immer mehr Richtung Haus- und Hofpostille der „islamkritischen Szene“. Das sorgt wenigstens für klare Verhältnisse in diesem Meinungsstreit.

Bevor der Inhalt des Gastbeitrages näher beleuchtet wird, soll im ersten Schritt eine personelle und prinzipielle Einordnung vorausgeschickt werden: Es war nur eine Frage der Zeit, bis sich Susanne Schröter zu Wort meldet. Kennern der „islamkritischen Szenen“ sind die tatsächlichen Verbindungen und die Motivation einer im ersten Blick wissenschaftlichen Aufstellung Schröters im Islamdiskurs bereits bekannt, der breiten Öffentlichkeit blieben sie bislang noch verborgen.

Morgendämmerung

(Verwendungshinweis: Dieser Beitrag enthält keinerlei Mordaufruf, Ermunterung zum Pfählen, Enthaupten, Vierteilen, Teeren oder Federn. Alle, die meinen das Gegenteil zu sehen, konsultieren besser einen Augenarzt, Deutschlehrer oder Apotheker ihres Vertrauens. Der Beitrag kann Spuren von Ironie, Chili und Erdnüssen enthalten….

Islam in Deutschland

Veröffentlicht auf tagesspiegel.de am 17.08.2016

Murat Kayman, der Koordinator der Ditib-Landesverbände, widerspricht Volker Beck in der Debatte um die Islam-Verbände. Der Staat darf den Religionsgemeinschaften nicht vorschreiben, wie sie sich zu organisieren haben. Wer das negiert, widerspricht der grundgesetzlich garantierten Religionsfreiheit. Ein Gastbeitrag.

Volker Becks Gastbeitrag offenbart in nahezu jedem Satz die grundlegenden Missverständnisse und Wahrnehmungsverzerrungen, die in unserer Religionspolitik gegenwärtig die Debatte prägen. Er skizziert eine vermeintliche Dominanz islamischer Verbände, denen der Staat sich „in demütiger Weise“ ergebe. Das ist Augenzwinkern nach rechts. Das ist Wahlkampf. Das ist gefährlich. Und es ist inhaltlich nicht zutreffend.

Das Gegenteil von liberal

Leser dieses Blogs werden mitverfolgt haben, dass kürzlich die Kritik an den Methoden der sogenannten „Islamkritik“ dazu geführt hat, dass einer der leidenschaftlichsten Vertreter dieser Zunft, Abdel-Hakim Ourghi, sich dazu verstieg, mir vorzuwerfen, die kritische Kommentierung seiner unlauteren Methoden sei eine „Fatwa“ und eine „Ermunterung zum Mord“. Der Vorwurf der Anstiftung zum Mord ist keine Lappalie und markiert einen neuen eklatanten Tiefpunkt der „islamkritischen Debatte“.

In diesem Blog ist wiederholt dargelegt worden, dass viele der selbsternannten „liberalen Vordenker“ in Wirklichkeit zutiefst verfassungswidrige Positionen vertreten. Nun entlarvt sich in der gravierenden Grenzüberschreitung Ourghis die Methode der unbegründeten, pauschalen und kategorischen Diffamierung der islamischen Religionsgemeinschaften als extremistische, radikale, gefährliche Organisationen. Und genau dieses Muster der Scheinargumentation wird nun auf Einzelpersonen angewandt, die es wagen, die Substanzlosigkeit, inhaltliche Leere und methodische Unredlichkeit der sogenannten „Islamkritik“ offen und deutlich zu kritisieren.

Die „Islamkritiker“ auf der Erbse

Die unlauteren Methoden der sogenannten Islamkritiker und „Import-Experten“ sind in diesem Blog in mehreren Texten thematisiert worden. Die Offenlegung der unseriösen Arbeit eines dieser „Experten“ hat nun zur Folge, dass die Öffentlichkeit nachvollziehen kann, wie dünnhäutig Islamkritiker auf Kritik an ihrer Kritik reagieren.

Im FOCUS hyperventiliert Abdel-Hakim Ourghi, ich hätte zu seiner Ermordung ermuntert. Grundlage dieser (wissenschaftlichen?) Analyse ist der Text „Die Fänger im Roggen, Teil 2“ auf diesem Blog.

Ourghi sekundieren weitere „Experten“. Laut Ralph Ghadban – Mitglied im Muslimischen Forum Deutschland – könne man meinen Text „als Anstiftung zur Gewalt lesen“, denn für „radikale Muslime seien Ibaditen „durchaus ein Feindbild““.

Der „Experte“ Ghadban vergisst dabei offenbar, dass für radikale Muslime auch die DITIB „durchaus ein Feindbild“ ist. An einer wesentlich exzessiveren und unsachlicheren Kritik an der DITIB, als der hier gegenständlichen Kritik an Ourghis Arbeit, hat dieser Umstand Ghadban bislang nicht gehindert – freilich mit dem Unterschied, dass ihm niemand je vorgeworfen hätte, er würde zur Ermordung von DITIB-Mitgliedern ermuntern.

Die Verflechtung des MFD, in der Ghadban Mitglied ist, mit antimuslimischen Netzwerken ist auf diesem Blog bereits ausführlich thematisiert worden. Die Objektivität Ghadbans hat diese Thematisierung offenkundig nicht befördert.

Das Grauen … Das Grauen …

Wer hätte gedacht, dass es so einfach ist? All die Studien, Expertisen, Analysen, Forschungen im Bereich der Migration. Sie waren letztlich nichts als Zeitverschwendung. Die schlichte Erkenntnis, die sich aus den öffentlichen Positionierungen der bundesdeutschen Spitzenpolitik und in Teilen der Landesregierungen herausschält, stellt eine überzeugende Antwort zur Verfügung, warum es mit der Integration vieler türkischstämmiger Menschen nicht geklappt hat, warum wir das Problem radikaler Strömungen innerhalb einer muslimischen Jugendszene haben, warum plötzlich Menschen, die hier in Deutschland geboren worden sind, sich kaum für die deutsche Politik und Gesellschaft, aber leidenschaftlich für ausländische Staatsoberhäupter engagieren. An all dem ist die DITIB schuld.

Gebe es die DITIB nicht, alle unsere Probleme wären gelöst. Neo-Salafisten würden sich mit flacher Hand an die Stirn schlagen und auf Streetworker umschulen. Leidenschaftliche Türkeifahnenschwenker würden vor Liebe gegenüber dem Bundespräsidenten verglühen. Die Imame würden in ihren Freitagspredigten aus der Betroffenheitsprosa kürzlich eingewanderter Importexperten zitieren – natürlich auf Deutsch. Dem Vornamen nach als ehemalige Türken zu identifizierende Facebook-Nutzer würden ihre Katzenbilder nur noch hochdeutsch kommentieren. Und unter der Dusche könnte man sich endlich ohne lästige Badehosen einseifen.

Offener Brief an den Ministerpräsidenten des Landes Baden-Württemberg Winfried Kretschmann

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,

es ist sonst nicht meine Art, in diesen Angelegenheiten mit Spitzenpolitikern öffentlich zu kommunizieren. Allerdings hat das Interview, das Sie zusammen mit Ihrem grünen Bundesvorsitzenden Cem Özdemir der FAZ gegeben haben und das gestern veröffentlicht wurde, mich auf so unterschiedlichste Weise irritiert und nachdenklich gestimmt, dass ich darin eine Art Konzentration der unglücklichen gesellschaftspolitischen Entwicklungen der letzten Jahre wahrnehme.

Ich habe den Eindruck, dass die türkischstämmige Community in Deutschland und die politischen Stimmen auf Landes- und Bundesebene mittlerweile so konsequent aneinander vorbei reden, dass darin ganz grundsätzliche Missverständnisse und Fehlentwicklungen manifest werden. Die Positionen sind gegenwärtig derart verhärtet, dass ich mich genötigt sehe, ganz klar und offen die gröbsten Unstimmigkeiten anzusprechen, in der Hoffnung, dass Sie meine Kommentierung als ein besorgtes Warnsignal vernehmen mögen.

Im Marianengraben des politischen Anstandes

Man hätte erwarten dürfen, dass die hiesige Politik nach monatelanger Türkeiobsession und antitürkischen Ausfällen kurz aufschreckt, innehält und sich Gedanken darüber macht, ob die durchgehend negative Besetzung und Kommentierung der Causa Türkei nicht auch problematische Reaktionen auslöst. Ob die dramatisch angestiegene Zahl an Moscheeübergriffen, insbesondere gegen solche mit überwiegend türkischstämmiger Gemeinde, nicht auch Folgen der politischen Auseinandersetzung mit dem Thema Türkei sind. Ob nicht die hetzerische Rhetorik der dauernd unterstellten Fremdkontrolle, der vorgeworfenen Unterwanderung durch türkisch-muslimische Organisationen Einzelne in ihrem Hass auf Türken eskalieren lässt. Das hätte man nach München erwarten dürfen.

Die Fänger im Roggen – Ein Trauerspiel in drei Teilen, Teil 3 „Der Abgrund“

In den beiden vorherigen Teilen haben wir an zwei konkreten Beispielen die Narrative und Argumentationsmuster der antimuslimischen „islamkritischen“ Szene kennen gelernt. Auch am Beispiel eines Hochschullehrers für islamisch-theologische Fächer. Das ist das akademische Fachpersonal. Und es ist – in dieser Gestalt – nicht gut. Nicht gut für unser gesellschaftliches Zusammenleben.

Wer ist bloß auf die Idee gekommen, Import-Experten ohne den geringsten Bezug zu den einheimischen Muslimen könnten etwas Sinnvolles produzieren, das unserem gesellschaftlichen Zusammenwachsen förderlich wäre? Die Imame der DITIB kennen wenigstens die hiesigen Muslime. Die Import-Experten kennen – wie in den beiden Teilen zuvor exemplarisch dargelegt – weder die hiesigen Muslime, noch die historischen und rechtlichen Bedingungen unseres Landes. Wer hat bei ihren Einstellungen denn wirklich geglaubt, dass aus einem grobschlächtigen religionspolitischen Reformeifer, ohne inhaltliche oder gemeindliche Substanz, etwas Fruchtbares für die islamische Theologie, die muslimischen Gemeinschaften oder die Gesamtgesellschaft in Deutschland herauskommen könnte?