Mit einem Beitrag in der BILD am Sonntag vom 30.04.2017, zusätzlich im Volltext veröffentlicht auf der Internetseite des BMI, will der Bundesinnenminister Dr. Thomas de Maizière mit „einigen Thesen […] über eine Leitkultur für Deutschland“ zu einer Diskussion einladen.
Einige sind dieser Einladung gefolgt. Die Reaktionen reichen von „albern“ bis „notwendig“. Mit diesem Blogbeitrag soll ebenfalls der Einladung entsprochen werden, mitzudiskutieren.
Das ministerielle Thesenpapier zeigt in Form und Inhalt die Schwierigkeit, kulturelle Gewohnheit und Eigenart einer Bevölkerung als Leitungsanspruch zu formulieren und dabei intellektuell konsequent zu bleiben. Denn natürlich sind historische Verantwortungen und bisherige Lebensgewohnheiten nie frei von Brüchen, Rissen und Unzulänglichkeiten. Wieso dies nicht als Wahrheit akzeptiert werden kann, sondern eine nationale Idealerzählung konstruiert werden muss, zeigt sich in der eigentlichen Funktion des Beitrages als Abgrenzung und Selbstvergewisserung im Verhältnis zu Neuankömmlingen. Dass hier eine Bevölkerung von mehr als 90 % einer Minderheit von 10 % ausdrücklich näher definieren und erzählen will, was als gut und richtig zu gelten hat, sagt mehr über die Suche der 90% aus, als über einen unterstellten Mangel der 10%.