In Österreich wird ein Kopftuchverbot für muslimische Mädchen an Kindertagesstätten und Grundschulen diskutiert. Jetzt schon melden sich Stimmen zu Wort, die ein solches Vorhaben auch auf weiterführende Schulen und Universitäten ausdehnen wollen. Vermutlich nicht ganz unberührt von diesen Entwicklungen will nun auch das Integrationsministerium in NRW über ein Kopftuchverbot für muslimische Mädchen diskutieren.
Monthly archives of “April 2018”
Wer und was ist „Deutsch“?
Als die ersten Nachrichten über die Amokfahrt in Münster über den Bildschirm liefen, ging mir ein Gedanke durch den Kopf. Vermutlich war das ein Gedanke, der gleichzeitig vielen Muslimen in Deutschland durch den Kopf ging; den sie vielleicht als stille Hoffnung, vielleicht als Stoßgebet formuliert haben: „Lass den Todesfahrer bitte kein Muslim sein!“ Dieser Wunsch schleicht sich ein in die Gedanken. Bei manchen blitzt er vielleicht auch so grell auf, dass er die Sorgen um die Opfer einer solchen Tat verdrängt, sich vor diesen menschlichen Reflex des Mitgefühls zwängt.
Empörungsbescheinigung
Ich verfolge in den Sozialen Medien und nun auch in türkischsprachiger Presse seit einigen Tagen einen Fall, in welchem eine muslimische Frau durch eine behördliche Stelle aufgefordert wird, für die Ausstellung eines amtlichen Dokumentes – im konkreten Fall ein Führerschein – ein Lichtbild ohne Kopftuch vorzulegen oder einen schriftlichen Nachweis einer Moschee einzuholen, aus dem hervorgeht, dass sie aus religiösen Gründen zum Tragen eines Kopftuches verpflichtet ist. Dieser Nachweis wird als „Kopftuchbescheinigung“ bezeichnet.
Einige Akteure der politischen Verbandslandschaft sind sofort empört, befinden sich nach eignen Angaben gegenüber türkischsprachigen Medien geradezu im Schockzustand und verlangen publikumswirksam eine Erklärung der „deutschen Dienststellen“.
Große Erwartungen, falsche Voraussetzungen
Die aktuellen Diskussionen um den Beirat des geplanten Islam-Instituts an der Humboldt-Universität in Berlin verlaufen – wie so oft – entlang eingeübter Positionen und erschweren dadurch den Blick auf die tatsächlichen Schwierigkeiten bei der Etablierung islamisch-theologischer Studien an Hochschulen in Deutschland.
Was ist konkret passiert? Vier der fünf beteiligten muslimischen Verbände verweigern die Unterzeichnung der Gründungsvereinbarung. Da verfassungsrechtlich – sehr verkürzt dargestellt – ohne eine die bekenntnisgebundenen Details der universitären Lehre legitimierende Religionsgemeinschaft keine Hochschultheologie möglich ist, droht das Vorhaben zumindest ins Stocken zu geraten, wenn nicht gar gänzlich zu scheitern.