Die „Islamkritiker“ auf der Erbse

Die unlauteren Methoden der sogenannten Islamkritiker und „Import-Experten“ sind in diesem Blog in mehreren Texten thematisiert worden. Die Offenlegung der unseriösen Arbeit eines dieser „Experten“ hat nun zur Folge, dass die Öffentlichkeit nachvollziehen kann, wie dünnhäutig Islamkritiker auf Kritik an ihrer Kritik reagieren.

Im FOCUS hyperventiliert Abdel-Hakim Ourghi, ich hätte zu seiner Ermordung ermuntert. Grundlage dieser (wissenschaftlichen?) Analyse ist der Text „Die Fänger im Roggen, Teil 2“ auf diesem Blog.

Ourghi sekundieren weitere „Experten“. Laut Ralph Ghadban – Mitglied im Muslimischen Forum Deutschland – könne man meinen Text „als Anstiftung zur Gewalt lesen“, denn für „radikale Muslime seien Ibaditen „durchaus ein Feindbild““.

Der „Experte“ Ghadban vergisst dabei offenbar, dass für radikale Muslime auch die DITIB „durchaus ein Feindbild“ ist. An einer wesentlich exzessiveren und unsachlicheren Kritik an der DITIB, als der hier gegenständlichen Kritik an Ourghis Arbeit, hat dieser Umstand Ghadban bislang nicht gehindert – freilich mit dem Unterschied, dass ihm niemand je vorgeworfen hätte, er würde zur Ermordung von DITIB-Mitgliedern ermuntern.

Die Verflechtung des MFD, in der Ghadban Mitglied ist, mit antimuslimischen Netzwerken ist auf diesem Blog bereits ausführlich thematisiert worden. Die Objektivität Ghadbans hat diese Thematisierung offenkundig nicht befördert.

Er nennt meinen Text einen „gezielten Angriff“. Ich wolle „mit Ourghi einen langjährigen DITIB-Kritiker schlechtmachen“. Das soll wohl heißen, dass Kritik nicht gestattet ist, wenn sie sich gegen die unseriösen Methoden der „Islamkritiker“ richtet. Die Aufforderungen, endlich einen kritischen Dialog zu führen, sind wohl nur als Einbahnstraße gemeint und sollen tunlichst nicht so verstanden werden, dass die Substanzlosigkeit und methodische Fragwürdigkeit der sogenannten „Islamkritik“ kritisch beleuchtet werden dürfte. Denn weder Ourghi, noch Ghadban und schon gar nicht der FOCUS gehen darauf ein, in welchen Punkten die Arbeit Ourghis in meinem streitgegenständlichen Text demontiert wird.

Ghadban hält dann auch meine Wortmeldung für gefährlich, weil in radikalen Kreisen auch in Deutschland eine Grundbereitschaft vorhanden sei, Gewalt auszuüben. Dann muss aber die Frage gestattet sein, wie es sich mit der „Islam-Kritik“ und der „DITIB-Kritik“ verhält? Es gibt genug radikale Gruppen – unter Muslimen, unter Nicht-Muslimen, unter Rechtsradikalen, unter Linksradikalen, unter „Islamkritikern“ –, die nicht hypothetisch, sondern ganz konkret unzählige Übergriffe und Gewalttaten gegen Muslime, konkret gegen DITIB-Gemeinden, verüben. Wie gefährlich vor diesem Hintergrund die unseriöse, dämonisierende, skandalisierende „Islamkritik“ und „DITIB-Kritik“ von Hasspredigern wie Ourghi und seinen Sekundanten ist, darauf gehen die „Import-Experten“ nicht ein.

Und der FOCUS natürlich auch nicht. Im Gegenteil wird der Kritik an der „Islamkritik“ kaum Platz eingeräumt. Deshalb soll an dieser Stelle meine ausführliche Stellungnahme zu der Anfrage des FOCUS nachgereicht werden:

„Sehr verehrte Frau Willner,

vielen Dank für Ihre Anfrage. Gern nehme ich zu den Vorwürfen des Herrn Ourghi Stellung.

In meinem Blogbeitrag thematisiere ich die Methode, mit der „Import-Experten“ wie Herr Ourghi vermeintliche „Islamkritik“ betreiben, nämlich ohne konkrete Nachweise für ihre Thesen und unter Perpetuierung der immer gleichen Ressentiments gegenüber islamischen Religionsgemeinschaften.

Ich behaupte nirgends, Herr Ourghi sei Ibadit. Ich weise auf seine bisherige wissenschaftliche Arbeit hin, die sich sehr intensiv mit der ibaditischen Lehre beschäftigt. Zusammen mit seiner Herkunftsregion ziehe ich daraus den naheliegenden Schluss, dass eine solche mutmaßliche ibaditische Überzeugung eine Erklärung für die kategorische Ablehnung des Herrn Ourghi gegenüber allen islamischen Religionsgemeinschaften in Deutschland sein kann. Die Gründe dafür lege ich in meinem Beitrag dar.

Dies wäre eine schlüssige Erklärung für seine undifferenzierte, kategorische Dämonisierung aller nichtibaditischen Religionsgemeinschaften. Eine grundsätzliche wertende Äußerung zu seiner möglichen ibaditischen Glaubenszugehörigkeit werden Sie in meinem Text nicht finden. Im Gegenteil betone ich ausdrücklich: „Das ist auch gar kein Problem und die freie Entscheidung, die jeder Mensch für sich treffen kann.“

Da er nun betont, er sei kein Ibadit, fällt diese Erklärungsmöglichkeit für seine unsachlichen Ausfälle weg. Seine unseriöse Methode bleibt bestehen und setzt sich auch in seinem aktuellen Vorwurf mir gegenüber fort. So wie alle islamischen Religionsgemeinschaften für ihn ohne irgendeinen Beleg oder eine wissenschaftliche Argumentation radikale, reaktionäre, gewaltaffine, gefährliche Organisationen sind, so soll jetzt meine Kritik an seiner unseriösen Arbeitsweise ein „Fatwa“ oder gar ein Mordaufruf sein.

Dabei offenbart er nur erneut, dass er selbst die einfachsten Begrifflichkeiten der islamischen Rechtslehre, wie den Begriff „Fatwa“, offenkundig nicht richtig einordnen kann. Weder habe ich eine religiöse Autorität, noch die Funktion, ein Rechtsurteil über irgendjemanden zu treffen. An welcher meiner Formulierungen er erkennen will, es handele sich um eine Fatwa, bleibt sein Geheimnis.

Es gehört zu der Methode der „Import-Experten“ wie des Herrn Ourghi, etablierte islamische Religionsgemeinschaften durch haltlose Anschuldigungen aus dem öffentlichen Diskurs zu disqualifizieren. Jetzt versucht er diese Methode auch gegenüber Einzelpersonen anzuwenden und die berechtigte und längst überfällige Kritik an seinen Äußerungen durch Skandalisierung meiner Person zum Verstummen zu bringen.

Herr Ourghi ist auf einer persönlichen Mission unterwegs, die er mit seinen eigenen Worten beschreibt: „Die DITIB ist langsam am Ende. Ein Lebenswerk durch meine hartnäckige Kritik an dieser politischen Auslandsorganisation geht in Erfüllung. Ich bin allerdings noch am Anfang. Übersetze Berichte aus dem Türkischen ins Deutsche werden demnächst von mir veröffentlicht. Dafür bin ich einigen türkischstämmigen Menschen sehr dankbar, die die DITIB als Feind der Integration betrachten.“ Dies schrieb er kürzlich auf Facebook.

Im Zusammenhang mit dem Anschlag in München schrieb er dies: „Ich habe noch nie in meinem Leben so naive Politiker/innen wie in Deutschland erlebt. Einfach alle Menschen aus allen Herren Ländern aufnehmen. Und jetzt haben wir in München einen Terrorverdacht. – Islamisten!“ Das sind antimuslimische, rechtspopulistische Narrative, die er hier bedient.

Herr Ourghi schadet mit seiner maliziösen Art und seinen unlauteren Methoden der Stigmatisierung aller Muslime, die nicht so denken wie er, der gesamten wissenschaftlichen Landschaft in Deutschland. Er arbeitet mit Feindbildern, die er auf plumpe und durchsichtige Art und Weise gänzlich ohne tatsächliche Nachweise konstruiert, um sich als „Experten“ anzubieten, der diese Feindbilder dann vermeintlich entlarvt.

Dass die Medien ihn tatsächlich als Experten zitieren, obwohl er völlig ohne Kenntnis über die tatsächliche Gemeindearbeit der islamischen Religionsgemeinschaften ist und durch Agitation und Verzerrung versucht, Aufmerksamkeit für seine Person zu generieren, spricht nicht unbedingt für die journalistische Qualität bei der Beurteilung der sich als „Experten“ andienenden Quellen.

Das Wissenschaftsministerium in Baden-Württemberg hat offensichtlich kein Problem damit, jemanden mit diesen Ansichten und diesen Methoden in der Ausbildung der Studierenden an der Pädagogischen Hochschule Freiburg zu beschäftigen. Welchen Zweck antimuslimische Agitation und die Skandalisierung islamischer Religionsgemeinschaften bei der Ausbildung von Studierenden erfüllen soll, ist nicht nachzuvollziehen. Das Vertrauen der muslimischen Basis weckt eine solche Konstellation jedenfalls nicht.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr Murat Kayman“

 

Und mein Statement zu den Nachfragen des FOCUS:

„1. Es gibt ja durchaus sunnitische Muslime, für die „Ibadit“ ein Schimpfwort ist. Haben Sie nicht befürchtet, Ihre Vermutung über Herrn Ourghi könne als Diffamierung verstanden werden?

Nein. Die ibaditische Glaubensgemeinschaft ist eine so kleine und randständige Gemeinschaft, dass sie den allermeisten Muslimen – zumal solchen türkischstämmiger Herkunft – nicht einmal dem Namen nach bekannt ist. Das heißt, der großen Mehrheit der Muslime in Deutschland ist diese Glaubensgemeinschaft überhaupt nicht bekannt, geschweige denn, dass sie Negatives damit assoziieren würden.

In meinem Text verbinde ich mit der Zugehörigkeit zu dieser Glaubensgemeinschaft ausdrücklich kein Werturteil. Im Gegenteil betone ich die Freiheit jedes Menschen, sich auch zu dieser Lehre zu bekennen. Ich mache nur deutlich, dass die ibaditische Haltung gegenüber der Mehrheit der Muslime eine ablehnende ist und das dies eine Erklärung für die unsachlichen und diffamierenden Ausfälle des Herrn Ourghi sein könnte.

2. Betrachten Sie Ibaditen generell als Glaubensgemeinschaft, die andere Glaubensrichtungen strikt ablehnt?

Ich habe überhaupt keine Voreingenommenheit gegenüber irgendeiner Glaubensrichtung. Ich nehme auch gar keine wertende Zuschreibung zu irgendeiner Glaubensrichtung vor. Jeder genießt Religionsfreiheit und ist in seinem Bekenntnis zu achten. Dass Herr Ourghi diese Achtung den islamischen Religionsgemeinschaften verwehrt und sie kategorisch und kollektiv dämonisiert, ohne auch nur den geringsten Beleg für seine extremen Thesen ins Feld führen zu können, muss ja eine Ursache haben.

Eine schlüssige Erklärung wäre die ibaditische Lehre, mit ihrer in meinem Text beschriebenen Haltung zu nichtibaditischen Muslimen. Diese Erklärung fällt nun nach dem Hinweis von Herrn Ourghi weg. Also muss es andere Ursachen dafür geben. In meinem Blogtext mache ich meine Kritik an den Äußerungen Ourghis ja an Beispielen fest. Bemerkenswert ist, dass er dazu keine Stellung bezieht.

Ich habe in einem weiteren Blogtext seine auch Ihnen in der vorherigen Mail mitgeteilten Facebook Veröffentlichungen dargelegt. Für diese antimuslimische Haltung, für diese rechtspopulistischen Kommentare, für eine Feindrhetorik der DITIB gegenüber muss es ja Gründe geben.

In einem anderen Blogtext habe ich auch das qualitativ desaströse „Gutachten“ des Herrn Ourghi zum Religionsunterricht in Hessen thematisiert. All diese Ausfälle müssen ja eine Ursache haben.

Sachliche Recherche und wissenschaftliche Arbeit liegen den Ausfällen jedenfalls nicht zu Grunde.

Beste Grüße

Ihr Murat Kayman“

 

Die „Islamkritiker“ sind es nun viel zu lange gewohnt, eine infame Dämonisierung der islamischen Religionsgemeinschaften zu betreiben, ohne dass ihnen gesellschaftlicher Widerspruch entgegengebracht wird. Im Gegenteil werden ihre unsachlichen Ausfälle auch noch journalistisch als „Expertenwissen“ geadelt. Regen sich zaghaft Versuche, die Absurdität und Substanzlosigkeit dieser „Import-Expertise“ anzusprechen, folgen Essays, in denen die Gesellschaft aufgefordert wird, die islamischen Religionsgemeinschaften noch härter zu kritisieren, schließlich seien Muslime keine Kuscheltiere und ihnen dürfe nicht gestattet werden, sich in eine Opferrolle zurückzuziehen.

Wer in Wirklichkeit beim geringsten Gegenwind die Flucht in eine Opferhaltung ergreift, dürfte mit diesem aktuellen Fall unstreitig klar geworden sein.