„Geht es wirklich um Versöhnung?“ Mit dieser Frage beginnt Mehmet Daimagüler seinen aktuellen Gastbeitrag zum Tode Mevlüde Gençs im SPIEGEL. Am Ende des Textes hat man das Gefühl, dass es eine unbeantwortete Frage bleibt. Daimagüler schreibt über das Engagement Mevlüde Gençs, die beim Brandanschlag von Solingen im Mai 1993 fünf Familienmitglieder verliert. Er würdigt ihren Einsatz gegen Hass. Aber Versöhnung? Dieses Wort, das häufig in Verbindung mit dem Wirken Mevlüde Gençs zitiert wurde, stellt Daimagüler gleich zu Beginn seines Textes in Zweifel. Er schreibt: „Je mehr ich darüber nachdenke, umso mehr Zweifel habe ich bei dieser Wortwahl. Setzt Versöhnung nicht einen Konflikt zwischen mindestens zwei Seiten voraus? Suggeriert er nicht, dass hier die Opfer und die Täter, dass alle Seiten gleichermaßen Beteiligte eines Konflikts sind – und damit moralisch gleich zu werten sind?“