Monthly archives of “Oktober 2021

Anwerbenachkommen

Vor 60 Jahren schlossen Deutschland und die Türkei das Anwerbeabkommen, mit der die sogenannte türkische Gastarbeitermigration begann. Bis 1973 kamen türkische Frauen und Männer nach Deutschland, um hier zu arbeiten und Geld zu verdienen. In der Zeit danach erhöhte sich ihre Zahl noch durch die Familienzusammenführung. Ich gehöre zu der Generation ihrer direkten Nachkommen. Mein Vater kam 1969 nach Lübeck, um in der metallverarbeitenden Industrie sein Geld zu verdienen. Meine Mutter folgte ihm nach ihrer Hochzeit 1970.

Ich beobachte die Feierlichkeiten zum Anlass dieses 60-jährigen Jahrestages mit gemischten Gefühlen. Ich kann der Feierstimmung nichts abgewinnen. Vornehmlich, weil ich sie als unvollständig wahrnehme. Eine neutralere Beschreibung fällt mir im Augenblick nicht ein. Eine schärfere, kritische Bewertung will ich nicht vornehmen, weil ich sehe, wie vielen meiner Generation etwas an diesen Feierlichkeiten liegt.

Praktische Ignoranz

Im Rahmen eines auf zwei Jahre befristeten Modellprojektes soll es bald in allen Moscheen in Köln auf Antrag die Möglichkeit zum Gebetsruf geben. Nur zur Mittagszeit zwischen 12 und 15 Uhr. Nur für maximal 5 Minuten. Und nur in einer Lautstärke, die außerhalb des Moscheegrundstücks auf die Nachbarschaft nicht als unzumutbare Lärmbelästigung wirkt. Im Hinblick auf die tatsächliche Lautstärke des Gebetsrufes kommt es also auf den jeweiligen Einzelfall an. Soweit die bisher bekannten Voraussetzungen.

TOM’s Beerdigung

Es ist der 3. Oktober. Der Tag der Deutschen Einheit. Der Koordinationsrat der Muslime (KRM), ein Zusammenschluss mehrerer muslimischer Dachverbände, feiert am diesjährigen 3. Oktober zum 25. Mal den „Tag der offenen Moschee“ (TOM). Dieses Jubiläum fällt gleichzeitig mit der Erinnerung an 60 Jahre deutsch-türkisches Anwerbeankommen zusammen. Zwei Gründe zu feiern. Könnte man meinen. Ich war seit etwa vier Jahren nicht mehr in der Zentralmoschee des Ditib Bundesverbandes in Köln, wo heute kurz vor 11 Uhr die große „Auftaktveranstaltung“ des 25. TOM begann. Ich überwinde mich für dieses wichtige Datum, für dieses Jubiläum, um nicht aus der Ferne zu urteilen, sondern einen unmittelbaren eigenen Eindruck zu gewinnen.