Das hessische Kultusministerium hat vor einigen Tagen bekannt gegeben, dass die Vollziehung des Bescheides von 2012 zur Einrichtung eines bekenntnisorientierten islamischen Religionsunterrichts in Kooperation mit Ditib Hessen zum Ende des laufenden Schuljahres ausgesetzt wird. Als Grund für diese Aussetzungsentscheidung werden Zweifel an der Erfüllung der notwendigen Kriterien durch Ditib Hessen angeführt. Es geht insbesondere darum, dass Ditib Hessen die Zweifel an ihrer hinreichenden Unabhängigkeit vom türkischen Staat nicht ausräumen konnte.
Die Reaktion der Ditib Hessen in Gestalt einer Presserklärung wirkt ambivalent. Der Ton und Inhalt der Presseerklärung schwankt unentschlossen zwischen Dankbarkeit für die gute Zusammenarbeit und der Ablehnung der behördlichen Entscheidung als verfassungswidrig, bis hin zur Inaussichtstellung, dass „sich die Entscheidung des Kultusministeriums auch einer Prüfung rechtsstaatlicher und religionsverfassungsrechtlicher Bestimmungen nicht (werde) entziehen können.“ Was genau mit dieser holprigen Formulierung gemeint ist, ob Ditib Hessen die Aussetzungsentscheidung gerichtlich angreifen will, bleibt vorerst ihr Geheimnis.
Dabei lässt sich vor dem Hintergrund der Presseerklärung bereits vermuten, dass Ditib Hessen auch bei dieser Frage noch unentschlossen ist – so wie die gesamte Presseerklärung einen interessanten Einblick in die Art und Weise gewährt, mit dem Ditib Hessen sich wohl der gesamten Thematik angenommen hat.
Zwischen Selbstbewusstsein und Hilflosigkeit
Ausdrücklich in der Rolle als Religionsgemeinschaft spricht sie in der Presseerklärung davon, dass sie alle gutachterlich aufgezeigten Verbesserungsvorschläge umgesetzt habe und die behördlichen Erwartungen schon längst gelebte Praxis seien. Gleichzeitig beklagt sie sich darüber, dass ihr keine ergänzenden Hinweise gegeben worden seien, wie sie ihre „Professionalisierungsreformen“ weiter hätte ausbauen können. Sie habe mangels Rückmeldung der Behörde keine „Evaluationsmöglichkeit“ gehabt.
Nun fragt man sich angesichts dieser zwischen Selbstbewusstsein und Hilflosigkeit schwankenden Selbstdarstellung tatsächlich, ob Ditib Hessen die seit Oktober letzten Jahres vorliegenden Gutachten nicht gelesen hat? Denn was von ihr erwartet wurde und was es zur Vertrauensbildung noch bedurfte, ist in diesen Gutachten mehr als deutlich dargelegt.
Eine Lese- und Erläuterungshilfe zu den Gutachten soll an dieser Stelle nicht formuliert werden. Solche Maßnahmen würden auch von den tatsächlichen Defiziten ablenken.
Denn man muss fairerweise festhalten, dass die Ditib Hessen nicht das liefern kann, was sie nicht liefern darf. Bei aller Beteuerung der Eigenschaft, Religionsgemeinschaft zu sein, ist der Streit über diese Frage ein rein akademischer. Selbst wenn sie es ist, so ist sie doch keine selbständige Religionsgemeinschaft. Und damit ist nicht ihre Kompetenz in Fragen der Religion gemeint, sondern ihre faktische, ganz praktische und alltägliche Handlungsfreiheit als Institution.
Um das besser verstehen zu können, muss an dieser Stelle etwas weiter ausgeholt werden. Der Blick der muslimischen Verbände auf den islamischen Religionsunterricht an staatlichen Schulen ist in seiner Natur bislang nicht vollständig erfasst worden.
Es geht den Verbänden an dieser Stelle nicht vorrangig um eine religiöse Erziehung muslimischer Kinder im ordentlichen Schulbetrieb. Worum es vielmehr geht, versteht und erkennt man vollständiger, wenn man sich die Reaktionen aus den Verbänden – allen voran der Ditib – auf die Aussetzungsentscheidung aus Hessen genauer ansieht.
IRU als identitätspolitisches Instrument
Mehrere Ditib-Angestellte oder der Ditib nahe stehende Stimmen haben sich in den Sozialen Medien zu der Entscheidung geäußert. Geradezu wutschnaubend echauffieren sie sich darüber, dass nun der deutsche Staat Religionsunterricht erteile, obwohl er sich ja ausdrücklich gegen staatliche Einflüsse in diesem Bereich ausgesprochen habe.
Hier wird von den Kommentatoren der verfassungsrechtliche Unterschied zwischen bekenntnisgebundenem Religionsunterricht und bekenntnisfernem religionskundlichem Unterricht nicht verstanden.
Ebenso wird wohl auch verkannt, dass es sich bei dem bekenntnisgebundenen Religionsunterricht nicht um den Unterricht der Religionsgemeinschaften handelt. Das Fach Religion bleibt verfassungsrechtlich auch in seiner bekenntnisgebunden Form gleichwohl staatlicher Unterricht, an staatlichen Schulen, vom Personal des Staates erteilter Unterricht. Er hat nur in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der jeweils betroffenen Religionsgemeinschaft zu erfolgen.
Welche Grundsätze das sein sollen, muss die jeweilige Religionsgemeinschaft bestimmen. Und an dieser Stelle tritt der politische Faktor in die Gleichung – auch das verkennen die Verbände und ihre lautstarken Online-Sekundanten.
Der deutsche Staat kann an dieser Stelle nicht den Einfluss eines fremden Staates dulden, wo er sich selbst Eingriffsmöglichkeiten verbietet. Gleichzeitig kann ein Staat nicht schrankenlos dulden, dass religiöse Grundsätze gegen seine Verfassungsordnung und das Menschenbild seiner Verfassung verstoßen. Die Duldungsgrenze ist dort überschritten, wo solche gegensätzlichen Grundsätze den Bereich der individuellen Glaubensfreiheit verlassen und zum Inhalt eines staatlichen Unterrichts, erteilt durch staatliches Personal, werden.
Worin die Ditib-Stimmen den Sinn und Zweck des bisherigen Religionsunterrichts erkannt haben, wird vor dem Hintergrund ihrer Befürchtung deutlich, was jetzt in Hessen geschehen wird. Ihrer Vorstellung nach wird jetzt der „Deutsche Islam“ mit staatlichem Zwang den muslimischen Kindern eingetrichtert. Der „Deutsche Islam“ ist für diese Kreise und Gesinnungsgenossen alles das, was der Islam verbietet. Also Promiskuität, Alkoholkonsum, Schweinefleischverzehr und damit einhergehend die „Zwangsgermanisierung“ muslimischer Kinder.
Dem stand – nach dortigem Verständnis – also der bekenntnisgebundene Religionsunterricht bislang im Weg und hatten die betroffenen Religionsgemeinschaften über dieses System der Kooperation mit dem Staat also ein kritisches Auge darauf, was mit muslimischen Kindern unter der Obhut des deutschen Staates passiert.
Staatlicher Einfluss – nicht ob, sondern wie
Bemerkenswert ist, dass das Misstrauen gegen einen vom Staat ausgerichteten Religionsunterricht sich stets nur auf den deutschen Staat fokussiert. Gegen einen staatlichen Religionsunterricht des türkischen Staates hat keiner dieser Kommentatoren irgendwelche Einwände.
Und auch an dieser Stelle verkennen sie, welches Misstrauen das auslöst. Gerade die Ditib ist in religiösen Fragen direkt dem türkischen Religionspräsidium, der Diyanet, unterstellt. Die Verbindung in und die Abhängigkeit von der Türkei ist durch die Ditib stets als eine religiöse, theologische Ausrichtung an der Diyanet begründet worden. Das ist grundsätzlich innerhalb unseres Verfassungsrechts in Deutschland auch kein großes Problem. Auch hiesige Religionsgemeinschaften können fremden Staatskirchen oder in religiösen Fragen staatlich organisierten Institutionen untergeordnet sein.
Nur stellt sich dann in besonderem Maße die Frage, ob über diese Abhängigkeit nur religiöse Inhalte transportiert werden oder eben auch politische Interessen eines fremden Staates. Und auch die religiösen Inhalte können in berechtigter Weise Misstrauen verursachen, wenn es darum geht, zu beurteilen, inwieweit eine Kooperation überhaupt möglich ist.
Gerade unter ihrem aktuellen Präsidenten hat sich die Diyanet für alle Beobachter unstreitig feststellbar zum Handlanger und Erfüllungsgehilfen der türkischen Staatsführung gemacht. Diese Staatsführung besteht – dem per Referendum ermittelten Willen der türkischen Bevölkerung folgend – aus einer Person. Die Diyanet kann es sich faktisch nicht erlauben, sich dem Willen dieser einen Person zu widersetzen – egal ob sie heute Erdogan und morgen anders heißt.
Eine Diyanet ohne Islam
Deshalb ist von der Diyanet auch nichts darüber zu hören, was aus muslimischer Sicht von den politischen Zuständen in der Türkei zu halten ist. Die Diyanet kann sich nicht dazu äußern, wie Nepotismus, Kleptokratie, Verstöße gegen die Meinungsfreiheit, Willkürjustiz und die Inhaftierung von „Gesinnungsverbrechern“ im Rahmen der islamischen Vorstellungen von Gerechtigkeit und Ethik zu beurteilen sind.
Die Diyanet kann sich gegenwärtig nur als Erfüllungsgehilfe bei der vermeintlich religiösen Legitimation von Militarismus und Nationalismus und bei der Ausgrenzung und sozialen Abwertung der Schwächsten innerhalb der türkischen Gesellschaft äußern.
Wenn die Diyanet heute „Nein zur Sünde, aber Ja zum Sünder“ sagen würde, täte sie das nur, wenn regierungsnahe Personen der Misswirtschaft oder des Betruges oder der Veruntreuung überführt würden. Dann würde sie dafür werben, dass es zur Freiheit des Muslim gehöre, auch sündigen zu dürfen.
Bei anderen Themen kann die Diyanet nicht so nachgiebig sein. Weil es die Ansicht des Staatspräsidenten ist, überschlägt sich die Diyanet aktuell wieder darin, alles, was nicht dem heterosexuellen und traditionell geprägten Rollenverständnis der Geschlechter entspricht, als Abartigkeit und perverse Devianz zu verurteilen – wohlwissend, dass sie die Schwächsten der türkischen Gesellschaft damit weiter in die Isolation und Ausgrenzung treibt; oft einhergehend mit gewalttätigen Übergriffen.
Es dauert dann auch nicht lange, bis der Staatspräsident sinngemäß erklärt, dass der Diyanet-Präsident mit seiner Meinung den Staat vertrete und alle, die sich gegen den Diyanet-Präsidenten erheben, sich gleichzeitig gegen den türkischen Staat erheben, also Staatsfeinde sind.
Die Unfreiheit einer Religionsgemeinschaft
Um den Bogen zurück nach Deutschland zu schlagen und der Ditib Hessen und dem Ditib Bundesverband zu erläutern, was das alles mit der behördlichen Entscheidung des hessischen Kultusministeriums zu tun hat: Ja, es mag sein, dass es bisher keinen direkten Einfluss aus der Türkei auf die Entscheidungen der Ditib Hessen zum dortigen Religionsunterricht gab. Aber können die Ditib Hessen oder der Ditib Bundesverband garantieren, dass das auch in Zukunft nicht der Fall sein wird?
Um eine Prognose in dieser Problemstellung abgeben zu können, lassen sich einfache Fragen formulieren. Die aufrichtige und redliche Antwort auf diese natürlich rein hypothetischen Fragen werden verständlich machen, warum das Vertrauen in die verfassungsrechtliche Rolle des jeweiligen Partners in der Kooperation zwischen Religionsgemeinschaften und Staat so wichtig ist.
Kann sich die Ditib – egal ob Hessen oder Bund – z.B. den aktuellen homophoben Äußerungen des Diyanet-Präsidenten widersetzen, ohne personelle Konsequenzen befürchten zu müssen?
Kann sich Ditib Hessen – ohne personelle Konsequenzen befürchten zu müssen – z.B. einer Anordnung widersetzen, mit der die Ansichten des Diyanet-Präsidenten zu Homosexualität und Transsexualität auch im Religionsunterricht in Hessen vermittelt werden sollen?
Fragen wir noch einfacher: Kann sich Ditib Hessen oder der Ditib Bundesverband – ohne personelle Konsequenzen befürchten zu müssen – einer Anordnung aus der Türkei widersetzen, mit der z.B. entschieden wird, wer im gegenwärtigen Ramadan zum Fastenbrechen eingeladen werden darf und wessen Blut zu verdorben ist, um einer solchen Einladung würdig zu sein?
Kann sich Ditib Hessen oder der Ditib Bundesverband – ohne personelle Konsequenzen befürchten zu müssen – z.B. widersetzen, wenn der türkische Staatspräsident die Zentralmoschee besuchen will und einen Veranstaltungsablauf vorlegt, mit welchem er bestimmt, wer bei seinem Besuch öffentlich reden darf und wer nicht, wer als Gast eingeladen wird und wer nicht? Kann Ditib hier auch nur das kleinste, das unbedeutendste Detail eines solchen Ablaufplans anzweifeln oder ihm widersprechen – ohne personelle Konsequenzen befürchten zu müssen?
Wenn der Diyanet-Präsident es z.B. für sinnvoll erachtet, eine internationale Konferenz in den Räumlichkeiten des Ditib Bundesverbandes in Köln zu veranstalten, kann dann der Ditib Bundesvorstand sich dem Ablaufplan oder der Gästeliste einer solchen Veranstaltung widersetzen – ohne personelle Konsequenzen befürchten zu müssen?
Wenn es von der Diyanet oder anderen staatlichen Stellen der Türkei z.B. eine Anordnung an die Ditib gäbe, deren Ausführung hier in Deutschland als strafrechtlich relevant oder auch nur ethisch zweifelhaft zu bewerten wäre, könnte sich dann der Ditib Bundesvorstand oder der Ditib Hessen Landesvorstand dieser Anordnung widersetzen oder sich auch nur vorsichtig von der Diyanet distanzieren – ohne personelle Konsequenzen befürchten zu müssen?
Oder noch viel einfacher gefragt: Wenn sich z.B. ein Landesverbandsvorsitzender der Ditib mit einem Religionsattaché des türkischen Konsulats aufgrund einer grundsätzlichen Meinungsverschiedenheit oder auch nur wegen einer wegen Unkenntnis verursachten Missachtung bürokratischer Etiquette überwirft, wie groß sind dann dessen Chancen, bei der nächsten Mitgliederversammlung wiedergewählt zu werden, wenn der Religionsattaché dies ausdrücklich verhindern will?
Oder noch viel allgemeiner gefragt: Wenn der Ditib-Verband bundesweit mehr als 900 Mitglieder hat, wird sein Bundesvorsitzender dann auch unter Auszählung von mehr als 900 Stimmen gewählt? Hat also jedes Mitglied des Ditib-Bundesverbandes ein Stimmrecht in der Mitgliederversammlung? Können also die Ditib-Mitglieder z.B. sich dazu entscheiden, einen Kandidaten, der von der Diyanet als zukünftiger Bundesverbandsvorsitzender auserkoren wurde, in der Mitgliederversammlung nicht zu wählen – weil er z.B. Ansichten vertritt, die nicht mit den Ansichten der Ditib-Mitglieder übereinstimmen?
Ist das möglich, ohne dass im Hinblick auf die Zusammensetzung der Landesverbandsvorstände personelle Konsequenzen zu befürchten wären?
Zwischen sein wollen und sein dürfen
Wer sich allein schon mit solchen bloß hypothetischen Fragen aufrichtig beschäftigt, muss zu der Feststellung gelangen, dass es nicht ausreicht, die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen einer Religionsgemeinschaft nur auf dem Papier der Vereinssatzung zu erfüllen.
Man muss auch aufrichtig und glaubhaft als Religionsgemeinschaft wirken, die ihren Kooperationspartnern belastbar und überzeugend darlegen kann, ohne fremde Einflüsse allein nur nach ihren eigenen Grundsätzen und Überzeugungen handeln zu können. Denn diese sollen schließlich zum Inhalt des Religionsunterrichts werden.
Eine Religionsgemeinschaft, die selbst in den fundamentalsten Fragen ihrer Existenz und ihrer ethischen Überzeugungen sich selbst verleugnen muss, um Repressalien und Disziplinierungsmaßnahmen zu vermeiden, eine Religionsgemeinschaft, die im Zweifel der Willkür eines Mannes Vorrang noch vor den grundlegendsten Prinzipien ihrer Glaubensüberzeugung gewähren muss, kann dem Staat keine belastbare Gewähr dafür bieten, ein verlässlicher Partner des Religionsunterrichts zu sein.
Und wenn nun die zornigen Online-Trolle der Ditib meinen, es sei ein Kinderspiel, die Eltern der hessischen Kinder zum Widerstand gegen einen religionskundlichen Unterricht aufstacheln zu können, seien sie darauf hingewiesen, dass auch diese Eltern wahrnehmen, auf welcher Stufe der türkischen Machthierarchie sich die Ditib einordnen muss und was das für Auswirkungen darauf hat, was als Religion verkündet wird und was nicht verkündet werden darf.
Dabei kann auch sichtbar werden, wie groß denn der tatsächliche Eifluss der Ditib auf ihre Mitglieder ist – folgen diese nicht einer etwaigen Ditib-Empfehlung, nicht am staatlichen Unterricht teilzunehmen, würde sich dann die Frage stellen, ob es überhaupt so etwas wie eine religiöse Autorität von der Verbandsspitze hinunter in die Ebene der Mitglieder gibt? Damit stünde dann auch die Eigenschaft der Ditib als Religionsgemeinschaft grundlegend in Zweifel.
Es wäre jedenfalls keine große Überraschung, wenn diese Eltern einem staatlichen Religionskundeunterricht am Ende mehr Vertrauen entgegenbringen, als einem Religionsunterricht, der letztlich die Gefahr nicht ausschließen kann, zum Sammelbecken der politisch motivierten Diyanet-Verirrungen zu werden.
Wer das nicht erkennt und nicht die Eigenständigkeit hat oder sie nicht haben darf, nach einer solchen Erkenntnis zu handeln, mag sich Religionsgemeinschaft nennen. Sie wird nur niemals eine sein können.
Sie wird das bleiben müssen, was für sie in den 1980er Jahren als Gründungszweck vorgesehen war und wovon sie sich bis heute nicht lösen will, nicht lösen kann, weil sie es nicht darf: ein nach politischen Prioritäten ferngesteuerter Moscheeverwaltungsverein.
Das war für die Generation der muslimischen Gastarbeiter vielleicht genug. Für die Bedürfnisse der heutigen Muslime in Deutschland reicht dieses Format schon lange nicht mehr aus. Die entscheidende Frage wird sein: Kümmert das irgendwen in der Türkei? Oder will man dort sein identitätspolitisches Werkzeug auch dauerhaft nicht aus der Hand geben?
Eine Antwort auf diese Fragen wird es jedenfalls in Deutschland nicht geben. Sie müssen in der Türkei beantwortet werden. Ein Verzicht auf das politische Gestaltungsinstrument Ditib würde den Einfluss der Türkei auf die türkeistämmige Bevölkerung in Deutschland schwächen.
Im Gegenzug könnte hier aber eine Religionsgemeinschaft im wahrsten Sinne der Verfassung entstehen, die diese Gesellschaft im Namen der Muslime und zum Wohle Aller mitgestalten könnte.
Auf die Art und Weise und auf den Inhalt dieser Mitgestaltung hätte die Türkei dann keinen Einfluss mehr. Sie würde durch den freien Willen und die Meinung der hiesigen Muslime geprägt. Wenn man weiß, was der türkische Staatspräsident von freier Meinung und freiem Willen hält, darf und muss man – was die Zukunft anbelangt – weiter skeptisch sein.