Seit Dezember 2017 bis März 2018 habe ich keine Texte auf dieser Seite veröffentlicht. Dennoch verzeichneten meine Beiträge in dieser Zeit im Schnitt über 650 Aufrufe täglich. Diese Neugier und Aufmerksamkeit rühren mich. Sie sind mir gleichzeitig eine Ermutigung. Und das in einer nicht ganz einfachen Zeit.
Während der Weihnachtsfeiertage 2017 erhielt ich ein Schreiben meines damaligen Arbeitgebers. Der DITIB-ZSU e.V. ließ mir die Kündigung zustellen – ohne schriftliche Begründung.
Regelmäßige Leser meines Blogs werden wissen, dass ich seit dem Februar 2017 nur noch für die Bestattungsdienste der DITIB tätig war und den Bundesverband verlassen musste. Zeitgleich hatte ich alle meine Ehrenämter und Vertretungsfunktionen niedergelegt.
Mein Anliegen, die DITIB davon zu überzeugen, in die Rolle einer deutschen Religionsgemeinschaft hineinzuwachsen, sich als für die gesamte hiesige Gesellschaft verantwortliche zivilgesellschaftliche Institution zu verstehen, ist mit dieser Kündigung nun endgültig gescheitert. Mit einem solchen Engagement bin ich für die DITIB zum Fremdkörper geworden, den sie aus ihrer Organisationstruktur entfernen will.
Meine bisherigen Texte, in denen ich mich mit Leidenschaft für die DITIB eingesetzt habe, waren von der Überzeugung getragen, dass in diesem Verband sehr viele fähige, engagierte, positiv motivierte und gutherzige Menschen versammelt sind, die in Deutschland gerade auch als Muslime eine neue Heimat gefunden haben. Viele von ihnen durfte ich in meiner aktiven Zeit bei der DITIB persönlich kennenlernen. Ich empfinde mich jetzt noch ihnen gegenüber in der Schuld, zu einer positiven Entwicklung der DITIB beizutragen.
Ich muss mir aber auch eingestehen, dass ich in meinen Texten vielleicht für eine DITIB stritt, wie ich sie mir gewünscht habe und nicht wie sie tatsächlich war. Aber eine Veränderung zum Positiven lässt sich nicht herbeischreiben, wenn es intern Wirkmächte gibt, die sich für die DITIB eine andere Zukunft wünschen.
Und dies ist vielleicht auch die Schlussfolgerung aus diesen beiden gegenläufigen Erfahrungen, nämlich dass es nicht eine, sondern zwei DITIBs gibt. Die DITIB der Basis, mit all ihren vielfältigen, größtenteils sehr positiven Facetten und eine DITIB der Führungsebene, die der zunehmenden Entfremdung von dieser Basis nur mit mehr Kontrolle, mit mehr personeller Gleichschaltung und zunehmender Zentralisierung organisatorischer Macht begegnen will, die in ihrem Selbstverständnis des Gründungsjahres 1984 gefangen bleibt und nicht die Herausforderungen der Gegenwart erkennt.
Mein fast viermonatiges Schweigen war dem Wunsch geschuldet, in Ruhe darüber nachzudenken, wie ich trotz all dieser Negativität und der schwierigen Situation positiv bleiben kann. Wie kann ich mich von der aktuellen persönlichen Situation unbeeindruckt weiter dafür einsetzen, dass sich die DITIB positiv entwickelt? Mit interner Warnung und Mahnung, mit deutlicher interner Kritik bin ich offenkundig gescheitert.
Über die vorhandenen Probleme zu schweigen, wird die Situation der DITIB aber nicht verbessern. Davon bin ich überzeugt. Zu schweigen, würde für die DITIB bedeuten, dass nur ein weiterer „Störer“ erfolgreich aus den eigenen Reihen entfernt worden und mundtot gemacht worden ist.
Die Probleme aber, um die es hier konkret geht, betreffen eine Organisation, die es für eine Stärkung ihrer eigenen Strukturen hält, jede Gegenstimme zum Verstummen zu bringen, jeden Widerspruch zu sanktionieren und jeden Kritiker auszusortieren.
Man muss deutlich machen, dass das nicht der Weg in die Zukunft sein kann – ganz gleich wie mein noch laufendes arbeitsgerichtliches Verfahren letztlich endet. Und dieses Verfahren ist deshalb auch eine Chance. Zu meinen berufsständischen Pflichten gehört u.a. auch die zur Verschwiegenheit. Diese anwaltliche Schweigepflicht nehme ich sehr ernst. Sie ist das Fundament jeder anwaltlichen Tätigkeit. Das arbeitsgerichtliche Verfahren ist aber öffentlich. Der Verhandlungstermin vor der zuständigen Kammer des Arbeitsgerichts Köln am 14.06.2018, um 10:30 Uhr, wird öffentlich sein.
Das bedeutet, dass alle Parteivorträge öffentlich sein werden. Ich werde deshalb den Vortrag meines bisherigen Arbeitgebers und insbesondere meinen Vortrag zu den wahren Gründen der Kündigung und die Zustände innerhalb der DITIB, die zu dieser Kündigung geführt haben, auch auf dieser Blogseite öffentlich machen.
Dazu gehören Fragen, ob der DITIB ZSU e.V. und der DITIB Bundesverband als organisatorische Einheit handeln, ob es einen direkten Durchgriff des Bundesverbandes auf Entscheidungen des DITIB ZSU e.V. gibt, ob Personalentscheidungen auch gegen das Votum der DITIB ZSU e.V. Geschäftsführung durchgesetzt werden können, ob Arbeitsverträge mit Angehörigen von DITIB Vorstandsmitgliedern geschlossen wurden und trotz massiver Gefährdung des Betriebsfriedens aufrechterhalten blieben, ob Konsulatspersonal und Diyanet-Personal aus politischen Gründen mit DITIB-ZSU-Arbeitsverträgen ausgestattet wurden, ob betriebswirtschaftlich schädliche Entscheidungen zum Vorteil Dritter durchgesetzt wurden, ob vereinsrechtlich höchstproblematische Risiken im Rahmen der ausländischen Aktivitäten der DITIB Kooperationspartner ignoriert wurden, ob die Aufklärung steuerrechtlicher und spendenrechtlicher Risiken aus Rücksicht auf einen Partnerverband unterbunden wurden, ob durch Vorstandsmitglieder aktiv Rufschädigung zu Lasten von Mitarbeitern betrieben wurde, ob Satzungsänderungen bis auf Ebene des Bundesverbandes vereinsrechtswidrig durchgesetzt wurden, ob ganze Mitgliederversammlungen vereinsrechtswidrig durchgeführt wurden, ob Mitglieder unter Druck gesetzt wurden, nicht gegen diese vereinsrechtlichen Mängel vorzugehen, ob während der Affäre um Spionagevorwürfe gegen DITIB-Imame wahrheitswidrige Positionen aufrechterhalten und interne Kritik verfemt wurden, ob die Manipulation von Landeverbandswahlen durch Religionsattachés und Imame geduldet oder sogar gefördert wurden und ob Kritik gegen diese Vorgänge unterdrückt wurde? Letztlich wird gerichtlich zu würdigen sein, ob und in welchem Zusammenhang meine Kündigung mit diesen offenen Fragen steht.
Der Prozessgegner hat die Kündigung mit Schließung einer Rechtsabteilung begründet – die es aber nie gab… Ich habe umgehend nach Kenntnisnahme dieser Begründung meinen ausführlichen Vortrag ins Verfahren eingeführt, ohne den Ablauf der Stellungnahmefrist am 18.05.2018 abzuwarten. Denn die Aufklärung und Verhandlung der obigen Fragen wird die Vorladung einer ganz erheblichen Zahl an Zeugen – auch aus der Türkei – erforderlich machen. Ich wollte mit einem zeitigen Vortrag der Kammer ermöglichen, den Verhandlungstermin am 14.06.2018 in Ruhe und mit ausreichendem zeitlichem Vorlauf vorzubereiten.
Ich habe bis zuletzt versucht, einen Weg der Mitte, einen Weg des Einvernehmens mit dem DITIB-ZSU e.V. zu finden. Diese offene Hand ist in den letzten Wochen immer wieder ausgeschlagen worden. Einen guten Willen kann ich in dieser Haltung nicht mehr erkennen.
Ich bin deshalb fest davon überzeugt, dass Schweigen nicht Gold ist, wenn es darum geht, sich für die Wahrheit einzusetzen. Denn nur wenn man bereit ist, sich der Wahrheit zu stellen, kann man sich auch glaubwürdig für sie einsetzen. Das sollte gerade auch aus muslimischer Sicht eine Grundüberzeugung sein, der man folgt, auch wenn es unangenehm wird. Diesem Grundsatz bin ich zu meiner aktiven Zeit für die DITIB treu geblieben. Die Konsequenzen trage ich bereitwillig. Denn als Muslime müssen wir uns auf einen Tag der Rechtfertigung vorbereiten, der vor einer höheren Instanz verhandelt wird, als dem DITIB-Bundesvorstand.
Ich empfinde es als Befreiung, endlich wieder frei denken, frei reden und frei schreiben zu können. Und ich kann es kaum erwarten, dies auf dieser Blogseite wieder ausgiebig zu tun.