Monthly archives of “Juni 2017

Aufatmen – Ein notwendiger Abschied

Selbstkritische Reflexion ist eine der Aufgaben im Ramadan. In dem letzten Freitagswort zum Ende des Ramadan fragen die Autoren: „Wie viele segensreiche Taten haben wir vollbracht, damit die Gesellschaft, in der wir leben, eine bessere und glücklichere ist, als sie es zum Beginn des Ramadan war?“

Diesen Maßstab will ich im Zuge einer ganz persönlichen Ramadan-Bilanz auch an meine Texte auf diesem Blog anlegen. Als ich mit den Veröffentlichungen begann, sollte dieser Blog auch ein Sprachrohr für die Frustration in weiten Teilen der muslimischen Gemeinschaft – insbesondere unter jungen Muslimen – sein. Er sollte eine Plattform sein, auf der sich die Gefühle und Stimmen junger Muslime, denen ich im Laufe der verbandlichen Jugendarbeit begegnet bin und die sich über Ausgrenzung und Stigmatisierung beklagten, einen Weg in die Öffentlichkeit bahnen.

Onkel-Tom-Türken und die neue German Angst

Durchatmen. Anschläge, Wutreden, Demonstrationsaufrufe, demonstrative Absagen, Erwartungen, Enttäuschungen, Schönfärber, Schlechtmacher, Moschee mit beschränkter Haftung, Politik mit verschränkter Drohung, Boulevard mit schräger Haltung. Dabei fasten und versuchen, den Verstand nicht zu verlieren. Anstrengende Tage. Erstmal durchatmen.

Die Ereignisse der letzten Tage bieten viele Möglichkeiten, durch akkurate Analyse und offene Debatte die Zukunft unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens positiv zu beeinflussen. Die Erfahrung lehrt, dass diese Möglichkeiten ungenutzt verstreichen werden. Dieser Text will ein kleines Aufbäumen gegen diese Erfahrung sein. Zu diesem Zweck soll angerissen werden, wo und wie wir uns selbst häufig im Weg stehen – in der Hoffnung, dass sich daraus konstruktive Debatten ergeben.

Nicht mit uns?

Man muss Lamya Kaddor dankbar sein. Ihre Initiative für eine Großdemonstration in Köln hat – beabsichtigt oder unbeabsichtigt – viele Probleme sichtbar werden lassen. In ihren eigenen Reihen, in den Reihen ihrer Unterstützer und bei allen, die dem Aufruf ablehnend gegenüberstanden.

Den guten Willen, ein Zeichen gegen Gewalt und für eine geeinte Gesellschaft setzen zu wollen, darf man niemandem absprechen. Dieser gute Vorsatz sei allen unterstellt, die sich an der Initiative und den Diskussionen darüber beteiligt haben.

Gleichwohl hat das Scheinwerferlicht dieser Aktion viele Ecken ausgeleuchtet, die sonst eher im Dunkeln bleiben. Diese kurzen Momente des Sichtbarwerdens von Verwerfungen der „Islamdebatte“ gilt es, in diesem Beitrag zu besprechen.

Hass, Heimat, Hoffnung

Unter dem Eindruck aktueller deutscher, türkischer, deutsch-türkischer, türkisch-deutscher Debatten ein Auszug aus: Max Frisch, Tagebücher 1966–71, Frankfurt a.M.

 

„1. Frage: Wenn Sie sich in der Fremde aufhalten und Landsleute treffen: Befällt Sie dann Heimweh oder dann gerade nicht?

 

2. Frage: Hat Heimat für Sie eine Flagge?