Revolution oder Missverständnis?

Alle blicken wir wie gebannt seit Tagen und Wochen auf die Entwicklung der Coronakrise. Das ist angesichts der Dimensionen dieser Krise auch nachvollziehbar. Allerdings geraten dabei  Entwicklungen auf anderen Gebieten, die unser Zusammenleben beeinflussen, aus dem Blick. 

So veröffentlichten am 01. April der Ditib Landesverband in Rheinland-Pfalz über die Webseite des Ditib Bundesverbandes und die rheinland-pfälzische Landesregierung durch das zuständige Wissenschaftsministerium jeweils eigene Presseerklärungen.

Aus beiden geht hervor, dass die Landesregierung Zielvereinbarungen mit den islamischen Verbänden – namentlich dem Ditib Landesverband, dem von der Milli Görüs geprägten Schura-Landesverband, dem Landesverband der islamischen Kulturzentren und der Ahmadiyya Muslim Jamaat – geschlossen hat. 

Betrachten wir die Presseerklärungen näher, scheint es über die einfache Tatsache des Abschlusses hinaus grundlegende Wertungsunterschiede zwischen den Vertragsparteien im Hinblick auf die Bedeutung und die Konsequenzen dieser Vereinbarung zu geben – jedenfalls im Falle des Ditib Landesverbandes. Auf diesen soll deshalb der Fokus dieses Beitrages gerichtet sein.

Richtige Richtung oder falsch abgebogen?

Der Ditib Landesverband bezeichnet in seiner Presseerklärung die Zielvereinbarung „als einen ersten Schritt in die richtige Richtung, um die Anerkennung und die Gleichstellung muslimischen Lebens in Rheinland-Pfalz und der Muslime voranzubringen“. Dass diese Formulierung sprachlich etwas holprig anmutet, deutet bereits darauf hin, dass die Tragweite und Bedeutung dessen, was dort unterzeichnet wurde, durch den Ditib Landesverband möglicherweise nicht vollständig erfasst worden ist.

Denn weiter heißt es in der Presseerklärung des Ditib Landesverbandes: „Die Vereinbarung mit der Laufzeit von 18 Monaten hat die Anerkennung der DITIB RLP als Religionsgemeinschaft im Sinne des Artikels 7 Absatz 3 Grundgesetz und Artikel 34 der Landesverfassung zum Ziel. Um  dies zu gewährleisten, verpflichten sich beide Vertragspartner dazu, die dafür nötigen Voraussetzungen gemeinsam zu schaffen.“

Diese Wertung des eigenen Handelns durch den Ditib Landesverband verursacht angesichts der tatsächlichen Verhältnisse und des Regelungsgehalts der Zielvereinbarung einige Irritationen. 

Eine „Anerkennung als Religionsgemeinschaft im Sinne des Artikels 7 Absatz 3 Grundgesetz“ kennt unsere Rechtsordnung nicht. Es gibt kein förmliches Anerkennungsverfahren mit einem Antrag der Religionsgemeinschaft auf Feststellung ihrer Eigenschaft als Religionsgemeinschaft und einem entsprechenden behördlichen Bescheid hierüber. Entweder erfüllt man die Voraussetzung einer Religionsgemeinschaft oder man erfüllt sie nicht. 

Es handelt sich also um die tatsächliche Frage, ob die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen, grundsätzlich eine Religionsgemeinschaft zu sein, erfüllt sind. Dass dem so ist, es sich bei dem Ditib Landesverband in Rheinland-Pfalz also um eine Religionsgemeinschaft im Sinne unseres Grundgesetzes handelt, wurden durch die dortigen Gutachten bereits festgestellt. Diese Feststellung wird auch in der aktuellen Zielvereinbarung wiederholt. 

Dementsprechend benötigen die Vertragsparteien auch keine weiteren 18 Monate, um diese Frage zu klären. Sie ist bereits unstreitig beantwortet. 

Nicht jede Religionsgemeinschaft taugt zum Partner des Staates

Eine andere Frage ist es, ob der Staat mit einer Religionsgemeinschaft auch in Fragen des Religionsunterrichts an öffentlichen Schulen zusammenarbeiten kann. Genau um diese Zusammenarbeit und nicht die Frage, ob es sich bei einem Verein um eine Religionsgemeinschaft handelt, geht es in Artikel 7 Absatz 3 des Grundgesetzes. 

Hierfür muss eine Religionsgemeinschaft Voraussetzungen erfüllen, die über die Voraussetzungen, einfach nur eine Religionsgemeinschaft zu sein, hinausgehen. Diese weiteren Voraussetzungen sind insbesondere durch die Rechtsprechung zu Artikel 7 Absatz 3 Grundgesetz fortentwickelt worden. Um diesen Beitrag nicht juristisch zu überfrachten, soll auf den Inhalt dieser richterlichen Rechtsfortbildung an dieser Stelle nicht detailliert eingegangen werden. 

Entscheidend ist vielmehr: Diese weiteren Voraussetzungen zur Zusammenarbeit mit dem Staat im Bereich des Religionsunterrichts an öffentlichen Schulen, sind Voraussetzungen, welche die Religionsgemeinschaft selbst erfüllen muss. Sie betreffen insbesondere ihre tatsächliche und binnenrechtliche Verfasstheit und die Frage ihrer Selbstbestimmtheit sowie die Vermeidung einer fremdstaatlichen Einflussnahme über die Strukturen einer Religionsgemeinschaft in einem Bereich, in welchem dem deutschen Staat selbst die Einflussnahme verfassungsrechtlich untersagt ist.

Das sind also alles Voraussetzungen, die nicht durch die Vertragspartner „gemeinsam zu schaffen“ sind, sondern durch den Ditib Landesverband in Ausübung seines Selbstbestimmungsrechts eigenständig erfüllt werden müssen. 

Nur gute Absichten oder zwingende Verpflichtungen?

Nach Auffassung des Ditib Landesverbandes – entsprechend der Formulierungen in der Presseerklärung – besteht im Hinblick auf die Erfüllung solcher weiteren Voraussetzungen „juristisch … keine Notwendigkeit“. Sie will insoweit aber ihren „guten Willen“ zeigen und „Schritte und Maßnahmen für die strukturelle Stärkung der DITIB RLP, sowie die Stärkung der Selbständigkeit des Landesverbandes RLP, … zeitnah umsetzen.“

Damit drängt sich verstärkt der Eindruck auf, dass die Vertragspartner bei der geschlossenen Zielvereinbarung wohl aneinander vorbeireden. 

Denn ein genauerer Blick in den Text der Zielvereinbarung zeigt deutlich auf, dass es sich bei den „juristischen Notwendigkeiten“ doch anders verhält, als es der Ditib Landesverband in seiner Presseerklärung wiedergibt.

Bereits in der Presseerklärung des rheinland-pfälzischen Wissenschaftsministeriums deutet sich dieser grundlegende Wertungsunterschied der beiden Vertragspartner an. Denn dass Ministerium macht deutlich, dass die im Sommer 2016 ausgesetzten Vertragsverhandlungen auch weiterhin nicht fortgesetzt werden. Vielmehr hat die Landesregierung entschieden, „in strukturierten Gesprächen mit den Verbänden zu bleiben und mit ihnen zunächst Vereinbarung zu treffen, wie bestehende Hindernisse für eine Zusammenarbeit mit dem Land beseitigt werden können. Diese Vereinbarungen liegen nun als Zielvereinbarungen vor.“

Weiter heißt es dort: „Die Umsetzung der Zielvereinbarung soll nach 18 Monaten durch die Landesregierung und die islamischen Verbände geprüft werden. Erst bei einer erfolgreichen Erfüllung der Vereinbarungen können Vertragsverhandlungen zwischen der Landesregierung und den islamischen Verbänden wiederaufgenommen werden.“

Der Ditib Landesverband hat im Ergebnis also nicht bloß eine Bekundung guten Willens unterzeichnet, sondern sich mit der Zielvereinbarung verpflichtet, innerhalb einer Frist von 18 Monaten ganz konkrete Voraussetzungen zu erfüllen – und diese haben es in sich.

Der DITIB Landesverband hat sich dazu verpflichtet, Satzungsanpassungen vorzunehmen, um die Unabhängigkeit der Kommission für den Islamischen Religionsunterricht zu gewährleisten, sodass nicht nur Amtsträger eines Staates, sondern auch Bedienstete oder Personen, die der Weisungsbefugnis des DITIB-Bundesverbandes unterstehen, nicht Mitglieder der Kommission für den Religionsunterricht werden können. 

Weiter hat sich der Landesverband verpflichtet, Satzungsanpassungen vorzunehmen, sodass Kandidatenwahlvorschläge für den Landesverband grundsätzlich durch die Mitgliedsgemeinden erfolgen. 

Ferner soll der Landesverband personell und strukturell gestärkt werden, um Aufgaben und Pflichten, die aus der Zusammenarbeit mit dem Bundesland resultieren, eigenständig mit eigenen Ressourcen vor Ort umzusetzen. Dazu wird die Stelle eines hauptamtlichen Landesgeschäftsführers geschaffen, der direkt beim Landesverband angestellt ist. 

Abschließend verpflichtet sich der Landesverband zur Erweiterung des Antragsrechts der Mitgliedsgemeinden auf ein Disziplinarverfahren gegen Religionsbeauftragte / Imame auf die Landesverbände, sodass Konfliktsituationen auf Landesverbandsebene begegnet werden kann.

Paradigmenwechsel in Ankara oder halsbrecherischer Alleingang in Mainz?

Angesichts der bisherigen roten Linien des Ditib Bundesverbandes und des türkischen Religionspräsidiums Diyanet sind diese Verpflichtungen, die der Ditib Landesverband in Rheinland-Pfalz nun unterzeichnet hat, ein bedeutender Paradigmenwechseln, ja geradezu die von der Öffentlichkeit kaum bemerkte Ankündigung einer Revolution:

Mit den Verpflichtungen im Hinblick auf die Kommission zum Islamischen Religionsunterricht gibt der Ditib Bundesverband jeglichen Einfluss auf die inhaltliche Gestaltung des Religionsunterrichts an öffentlichen Schulen auf. Selbst der örtliche Religionsattaché – der in diesem Zusammenhang stets als „Religiöser Beirat“ bezeichnet wurde – wird von Einflussmöglichkeiten ausgeschlossen, ebenso wie Personal des Ditib Bundesverbandes oder das Personal seiner vielen unmittelbaren oder mittelbaren Untergliederungen. 

Die Verpflichtung im Hinblick auf die Kandidatenwahlvorschläge liest sich auf den ersten Blick wie eine kuriose Detailregelung. In Wirklichkeit dient sie aber dazu, dem Ditib Bundesverband eines seiner bisher mächtigsten Eingriffsmöglichkeiten in die Landesverbandsstrukturen aus der Hand zu schlagen. Denn bislang bedurfte es zur Wahl in den Vorstand eines Landesverbandes stets der Aufstellung als Kandidat durch den Aufsichtsrat. Der Aufsichtsrat der Landesverbände wurde bisher durch den Ditib Bundesvorstand dominiert. Das heißt, die Mitgliederversammlungen der Landesverbände konnten nur aus jenen Kandidaten ihren Vorstand wählen, die es zuvor durch den Willen der Bundesverbandsführung auf die Kandidatenliste geschafft hatten. 

Man kann sich leicht vorstellen, dass Widerspenstigkeiten oder Ungehorsam gegenüber dem Bundesverband oder Konflikte mit den regionalen Religionsattachés für die Aussicht auf einen Kandidatenplatz nicht unbedingt förderlich waren. Hinzu kommt, dass bislang für jeden Vorstandsposten zwei Kandidaten vorgeschlagen werden mussten. Allein die Platzierung auf der Kandidatenliste konnte in der Vergangenheit als Fingerzeig des Bundesvorstandes verstanden werden – wer es nur in die untere Hälfte der Kandidatenliste schaffte, hatte wenig Aussicht, in den Vorstand gewählt zu werden. Denn nahezu die Hälfte der Mitgliederversammlung der Landesverbände setzt sich bislang aus den Imamen der Mitgliedsgemeinden zusammen. Diese Wahlmänner waren in der Regel sehr empfänglich für die Interpretation der Namensreihenfolge auf der Kandidatenliste.

Mit diesem Instrument der Oberhoheit über die Kandidatenliste konnte der Bundesverband bisher entscheidenden Einfluss auf die Zusammensetzung der Landesverbandsvorstände nehmen. Wird dieses Instrument in Rheinland-Pfalz abgeschafft, dürfte es nur eine Frage der Zeit sein, bis auch alle anderen Landesverbände sich bei der Aufstellung ihrer Kandidaten für die Landesvorstände nicht mehr durch den Bundesverband bevormunden lassen wollen. 

Eine solche Entwicklung hin zu mehr Eigenständigkeit der Landesverbände würde einen fundamentalen Richtungswechsel darstellen – denn nahezu alle Maßnahmen des Bundesverbandes in den letzten fünf bis sieben Jahre konnten vielmehr als Bestrebung gedeutet werden, die Landesverbände zu schwächen und den Einfluss der regionalen Religionsattachés auf die Landesverbände zu stärken.

Hierzu gehörte auch die Regelung, wonach die Imame der Mitgliedsgemeinden automatisch als Delegierte mit aktivem Wahlrecht in die Mitgliederversammlung der Landesverbände einziehen – ein gewichtiges Potential an Wahlstimmen, über das die Religionsattachés und der Ditib Bundesvorsitzenden als Botschaftsrat per dienstlichem Weisungsrecht verfügen konnten.

Eine ähnliche Wirkung, also eine Stärkung der Eigenständigkeit des Landesverbandes, verfolgt offenkundig die Maßnahme der Einrichtung einer Personalstelle für einen Landesgeschäftsführer direkt beim Landesverband als Arbeitgeber. Damit wird eine Weisungsmöglichkeit des Bundesverbandes bis hinein in solche exekutiven Funktionen innerhalb des Landesverbandes unterbunden. Das bedeutet auch, dass sich Landesgeschäftsführer und Landesverbandsvorstand eher in einer kooperativen Rolle wiederfinden werden – im Gegensatz zu der bisherigen verbreiteten Rollenverteilung, in welcher der Landesgeschäftsführer als Personal des Bundesverbandes oder ihm untergeordneter Gliederungen stets die Interessen und Weisungen aus der Kölner Bundeszentrale im Hinterkopf haben musste.

Diyanet – freiwillig eingehegt oder unwissend reingelegt?

Die Erweiterung des Antragsrecht der Mitgliedsgemeinden auf ein Disziplinarverfahren gegen Imame auf die Landesverbände zeigt bereits in der sprachlichen Formulierung der Zielvereinbarung die Brisanz dieses Punktes. Dieser Abschnitt dürfte nicht rein zufällig im Plural formuliert worden sein: „Erweiterung …. auf die Landesverbände“. Dazu muss man Folgendes wissen: Bislang sind die Imame Beamte oder Angestellte der Diyanet in Ankara. Ihr Dienstherr wird in Deutschland durch den Botschaftsrat für Religionsangelegenheiten in der Botschaft der Republik Türkei in Berlin vertreten. Dieser Botschaftsrat war bislang in Personalunion gleichzeitig der Ditib Bundesvorsitzende. Bei Konflikten zwischen den Gemeinden und ihren Imamen haben die Gemeinden keine Kompetenzen. Der Konflikt wird in der Regel den regionalen Religionsattachés vorgetragen, welche den Sachverhalt dem Botschaftsrat/Ditib Bundesvorsitzenden zur Kenntnis geben, wenn sie ihn nicht auf der eigenen Zuständigkeitsebene lösen können. Das letzte Wort hat in solchen Dingen dann stets die Diyanet in Ankara. 

Diese Kompetenzhierarchien und die daraus resultierenden disziplinarrechtlichen Zuständigkeiten und Befugnisse kann der Ditib Landesverband in Rheinland-Pfalz nicht durch eigene Satzungsanpassungen verändern. Hierzu bedarf es Regelungen auf Ebene des Bundesverbandes bis hin zu Zugeständnissen der Diyanet, welche den Mitgliedsgemeinden des Ditib Verbandes entsprechende Antragsrechte im Zusammenhang mit dem eigenen Personal einräumen müsste. Eine solche Neuregelung von Antragsrechten kann wohl kaum auf ein Bundesland beschränkt werden und dürfte eine bundesweite Veränderung zu Gunsten aller Mitgliedsgemeinden voraussetzen. 

Damit stellt sich die Frage, ob und wenn ja inwieweit der Ditib Bundesvorstand in die Formulierung der rheinland-pfälzischen Zielvereinbarung involviert war?

Sind so weitreichende Kompetenzverschiebungen vom Bundesverband auf den Landesverband, sogar unter Einbeziehung von disziplinarrechtlichen Regelungen der Diyanet im Hinblick auf die Imame, allein vom Landesvorstand in Rheinland-Pfalz zugesagt worden? 

Oder sind diese Verpflichtungen, die letztlich auch Satzungsanpassungen des Bundesverbandes erforderlich machen werden, im Einvernehmen mit der Kölner Bundeszentrale eingegangen worden? 

Wenn das so wäre, käme dies einem geradezu revolutionären Richtungswechsel des Ditib Bundesverbandes und der Diyanet gleich. Es würde nämlich bedeuten, dass es in Ankara und Köln nunmehr denkbar ist, dass die Ditib Landesverbände aus der vollständigen Kontrolle und dem umfänglichen Einfluss durch den Bundesverband und der Diyanet hin zu mehr Eigenständigkeit und Selbstverwaltung entlassen werden  – und dass diese Entwicklung binnen 18 Monaten auch umgesetzt werden soll. 

Grünes Licht des Bundesvorstandes oder Schwanengesang des Landesvorstandes?

Dem Ditib Bundesvorsitzenden Kazim Türkmen ist durchaus zuzutrauen, dass er erkannt hat, dass der Weg zu einer mit dem deutschen Staat kooperierenden Religionsgemeinschaft nur über solche gravierenden Weichenstellungen und Satzungsanpassungen führen kann. In der Presseerklärung des Landesverbandes – veröffentlicht auf der Webseite des Bundesverbandes – wird gar die Anerkennung als Körperschaft des öffentlichen Rechts als Ziel definiert. Eine solche übt aber hoheitliche Aufgaben aus bzw. ist zu einer entsprechenden Ausübung befugt. Es ist indes schwer vorstellbar, dass dies mit den aktuellen Satzungen der Landesverbände und des Bundesverbandes – die unmittelbar bzw. mittelbar einen ausländischen staatlichen Einfluss zulassen – möglich sein kann.

Ebenso kaum vorstellbar ist, dass Kazim Türkmen mit einem Alleingang und ohne Abstimmung mit der Diyanet in Ankara der Zielvereinbarung in Rheinland-Pfalz seinen Segen gegeben hat. Seine Amtszeit läuft im Januar 2021 ab. Er wird darum bemüht sein, seine Karriere in den Strukturen der Diyanet fortzusetzen. Einen so weitreichenden Dissens mit seinem Dienstherren wird er mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht riskieren.  

Es bleibt also offen, ob nun der Ditib Landesverband in Rheinland-Pfalz mit Zustimmung der Diyanet und des Ditib Bundesverbandes neue Wege beschreitet und wir Zeugen eines historischen Richtungswechsels der Ditib/Diyanet werden.

Nicht auszuschließen ist vor dem Hintergrund der Wertungswidersprüche und Auslegungsfehler in der Ditib Presseerklärung, dass die Bedeutung der Zielvereinbarung im Hinblick auf die Selbstverpflichtungen des Ditib Landesverbandes und die Konsequenzen für den Bundesverband weder tatsächlich, noch rechtlich richtig verstanden wurde.

Um eine Antwort auf diese Fragen erahnen zu können, wird man die Entwicklung der nächsten Wochen und Monate abwarten müssen: Wird der Ditib Landesverbandsvorsitzende Yilmaz Yildiz weiter im Amt bleiben? Wird der Ditib Bundesvorsitzende Kazim Türkmen seine Amtsperiode vollenden oder frühzeitig nach Ankara zurückbeordert?

Werden wir mit Presseerklärungen über interessante Satzungsänderungen auf Landesverbands- und Bundesverbandsebene der Ditib informiert? 

Oder werden wir eine reine Symbolpolitik der Ditib mit Spiel auf Zeit beobachten, bis die 18 Monate ereignislos und ohne die angekündigten Veränderungen abgelaufen sind? 

Stehen uns historische Veränderungen der muslimischen Verbandslandschaft bevor oder handelt es sich bei der Zielvereinbarung um ein kommunikatives Missverständnis?

Gegenwärtig kann man keine der Möglichkeiten gänzlich ausschließen.