Die Fänger im Roggen – Ein Trauerspiel in drei Teilen, Teil 2 „Ourghi“

Der „Experte“ Ourghi bläst zeitgleich mit Azizi (siehe Trauerspiel, Teil 1), ebenfalls am 20.07.2016, mit einem Beitrag auf Cicero online, ins gleiche Horn.

Zu den akademischen Qualitäten des „Experten“ Ourghi kann hier in diesem Blog umfangreiches Material nachgelesen werden.

Dort wo ein Azizi sich in seiner grenzenlosen Selbstgewissheit genug ist, scheint ein Ourghi noch Suchender nach Verbündeten zu sein. Betrachtet man seine Facebook Seite, fällt auf, dass man nach wenigen Scroll-Bewegungen kaum noch unterscheiden kann, ob man sich noch auf der Seite Ourghis oder schon auf der Facebook Seite Azizis befindet. So häufig scheinen sich die Gedanken und Vorlieben zu gleichen. Das war nicht bei jedem Kollegen so. Vor einigen Jahren sorgte Ourghi für einen Plagiats-Skandal, mit Vorwürfen Richtung Münster. Dabei wurde er von Münsteraner Kollegen kritisiert, sein Vorwurf sei angesichts seiner „diffusen und wenig überzeugenden Argumente […] nichts als böswillig zu nennen.“

Mittlerweile sucht Ourghi den kollegialen Schulterschluss und würde wahrscheinlich gern in den Kreis der „liberalen Reformer“ des MFD aufgenommen werden. Die personellen Verflechtungen eben jenes MFD wurden hier bereits ausführlich thematisiert.

Ourghi genießt bei den Medien momentan noch den Ruf eines unbefangenen Kritikers. Dies indes nur, weil die Einblicke in Hintergrundinformationen durch die verantwortlichen Redaktionen auch nach 15 Jahren intensiver Beschäftigung mit dem Islam nicht sehr substantiiert sind. Wäre es anders, müsste sich dem einen oder anderen Redakteur die Frage aufdrängen, weshalb Ourghi mit großer Leidenschaft alle etablierten Verbände des Mainstream-Islam attackiert, ohne je Belege oder auch nur ansatzweise schlüssige Begründungen für seine Thesen zu nennen. Das verwundert nicht sonderlich, ist weiten Kreisen der interessierten Leserschaft aber auch der Medienschaffenden doch bis heute der Unterschied zwischen „Imam“ und „Iman“ häufig genug nicht geläufig.

Dabei erfordern die Anhaltspunkte für kritische Nachfragen nicht einmal investigative Recherche. Ein Blick in die Selbstdarstellung des „Experten“ auf der Seite der Pädagogischen Hochschule Freiburg genügt. Dem dortigen Lebenslauf ist zu entnehmen, dass Ourghi ebenfalls zu der Kategorie „Import-Experte“ gehört. In Algerien geboren und aufgewachsen, kennt er weder die deutsche Verbandslandschaft aus eigenem Erleben, noch hatte er je Gelegenheit, sich innerhalb dieser Strukturen zu sozialisieren. Er gilt als gemeindefern, ohne konkreten Bezug zu einer der etablierten muslimischen Gemeinschaften in Deutschland.

Bemerkenswert ist, womit sich Ourghi zu einem bedeuten Teil seiner bisherigen akademischen Studien beschäftigt hat. Die Ibadiya und das Wirken bedeutender Ibaditen-Gelehrten scheint ihm ein besonderes Interesse gewesen zu sein. Jahrelang hat er sich mit dieser Thematik beschäftigt. Ausgehend von seinem Herkunftsland Algerien liegt die Vermutung nahe, dass Ourghi selbst der Glaubensgemeinschaft der Ibaditen angehört. Das ist auch gar kein Problem und die freie Entscheidung, die jeder Mensch für sich treffen kann. Bedeutsam ist diese Zugehörigkeit jedoch für sein Verhältnis zu den hiesigen Muslimen in Deutschland, die in ganz überwiegender Mehrzahl eben keine Ibaditen sind. Denn die ibaditische Doktrin der Walaya und Bara’a besagt, dass Ibaditen nur solidarisch gegenüber Mitgliedern ihrer eigenen Gruppe zu sein haben. Alle andere Muslime gelten als Undankbare, die es zu meiden gilt.

Somit kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht ausgeschlossen werden, dass Ourghis Kritik auch das Resultat einer religiösen Überzeugung ist, wonach alle anderen Muslime nichtibaditischer Prägung abzulehnen und zu kritisieren sind. Betrachtet man die Vehemenz der Ourghischen Ausführungen, erhärtet sich der Verdacht, dass da jemand tatsächlich auf einer Mission unterwegs ist.

Er plädiert in seinem Beitrag für Cicero online dafür, die Muslime von der „Macht der Verbände zu befreien“. Irrelevant ist auch hier der Widerspruch in Bezug auf seine Schätzung, die Verbände würden nur 15 % der Muslime vertreten. Welche Macht soll das sein, will man da fragen. Aber Denklogik spielt bei dem Temperaturstand der Debatte keine Rolle mehr.

Eine weitere These, vollständig ohne Beleg und wider den tatsächlichen Fakten: Der türkische Islam werde immer islamistischer und es sei deshalb kein Wunder, dass ein Drittel aller in Krisengebiete ausgereisten Muslime türkischer Herkunft seien. Quelle? Vermutlich Bauchgefühl. Denn für dieses „wissenschaftliche“ Ergebnis muss man natürlich alle behördlichen Erkenntnisse ignorieren, wonach die Radikalisierung Jugendlicher eben nicht in den Gemeinden der etablierten islamischen Religionsgemeinschaften stattfindet. Auf die Idee, dass dieses Ergebnis durch den Faktor der Populationsgröße türkischstämmiger Muslime in Deutschland bedingt sein könnte, kommt der „Experte“ natürlich nicht.

Als Beispiel führt er die Ereignisse in Dinslaken-Lohberg an, wo mehrere Jugendliche teilweise in Gruppen in Krisengebiete ausgereist sind. Ourghi deutet an, die DITIB-Gemeinde sei der auslösende Faktor gewesen, dort hätten auch DITIB-Jugendliche sich in IS-Pose ablichten lassen. Das entsprechende Foto eines DITIB Vorstandsmitgliedes mit Jugendlichen führt er als Beleg für seine These an.

Dieses Beispiel in Dinslaken eignet sich gut für die Darlegung der infamen Argumentationsmuster Ourghischer Prägung. Es ist davon auszugehen, dass Ourghi diesen Fall ohne eigene Recherche zitiert. Der Verfasser dieser Zeilen hat sich vor Ort in Dinslaken über die Ereignisse und Personen informiert. Alle zuständigen behördlichen Vertreter, auf Verwaltungsebene in Dinslaken und der Sicherheitsbehörden bis auf Landesebene bestätigen, dass das Vorstandsmitglied, welches auf dem Foto zu sehen war, sich intensiv dafür eingesetzt hat, Jugendliche vor einer Gruppierung zu schützen, die sich damals in Dinslaken außerhalb der etablierten Moscheegemeinden gebildet hatte.

Um dieser radikalen Gruppierung den Zugriff auf Jugendliche zu erschweren, versuchte er Jugendliche – auch jene, die mit radikalen Ansichten provozierten – zurück in die gefestigten Strukturen der Moscheegemeinde zu holen und an einem unumkehrbaren Abdriften in die radikale Szene zu hindern.

Er tat also das, wozu die öffentliche Debatte Moscheegemeinden immer wieder aufruft, nämlich sich um Jugendliche zu kümmern, ihnen alternative Angebote zu machen und den Reiz radikaler Gruppierungen zu brechen. Ob man sich dabei in der gleichen Pose der Jugendlichen abbilden lassen muss, um etwa ihre Sympathie oder ihr Vertrauen zu gewinnen, mag man ausgiebig diskutieren. An der tatsächlichen Natur des Einsatzes, die Jugendlichen von einer radikalen Szene loszueisen, gab es weder bei den lokalen Behörden, noch bei den Sicherheitsbehörden auf Landesebene einen Zweifel.

Diese Dimensionen sind den „Experten“ Ourghischen Eifers entweder gänzlich unbekannt oder sie werden ignoriert, weil sie nicht zur eigenen These passen. Diese blinde Dämonisierung in der Öffentlichkeit hat dann zur Folge, dass Moscheegemeinden – aus Angst, als radikale Moschee abgestempelt zu werden – den präventiven Einsatz für gefährdete Jugendliche meiden und nur noch mit Hausverboten arbeiten, sobald sie Auffälligkeiten bemerken. Diesem Phänomen begegnen die „Experten“ dann wiederum mit dem Vorwurf der Passivität. Ein ganz infames Argumentationsmuster.

Der nächste Schritt der Denunziationstechnik ist dann das ganz große Rad der vermeintlich kollektiven Indoktrination, an dem natürlich auch Ourghi dreht. Für ihn verbinde extremistische Jugendliche die religiös-politische Sozialisation durch Import-Imame. Ein seit Österreich und der dortigen Islamgesetz-Hysterie populärer Vorwurf, der aber durch die ständige Wiederholung auch nicht richtiger wird. Belege, Nachweise? Wieder Fehlanzeige. Die Tatsache, dass Jugendliche sich gerade nicht in den etablierten Moscheegemeinden radikalisieren? Nicht der Rede wert. Es bleibt bei der bloßen Behauptung, die durch ständige Wiederholung Beweiskraft erlangt.

Mit der gleichen vollständigen Ignoranz schert Ourghi die Täter von Brüssel und Paris mit denen von Nizza und Würzburg über den gleichen Kamm. Die längst laufende Debatte über die Grenzbereiche von Amoktaten und Terror, über das Phänomen der Berufung auf ideologische Muster durch psychisch labile Täter, die zuvor keine religiöse Prägung hatten, all das hat Ourghi nicht auf dem Schirm.

Denn diese differenzierte Analyse würde seinen nächsten Schritt erschweren, nämlich die kategorische Kriminalisierung aller islamischen Religionsgemeinschaften. Sie seien die „moderaten Islamisten“, die „bequemen Apologeten“, die die Gesellschaft durch eine „weinerliche Opferhaltung“ täuschen. Das alles deutet er an oder wirft es einfach in die Runde, ohne zusammenhängende Argumentation oder schlüssige Beweisführung. Es reicht, einfach die Schlagworte der antimuslimischen Szene zu repetieren. Sie wirken wie Reize, die mittlerweile immer nur auf die bekannte Reaktion abzielen, nämlich die Assoziation von islamischen Religionsgemeinschaften mit gefährlichen Organisationen.

Auch Ourghi bedient sich aus der Kiste der rechten antimuslimischen Szene. Er spricht davon, die islamischen Religionsgemeinschaften würden ihre Religion als eine des Friedens nach außen „verkaufen“ und nach innen eine „gottesrechtliche Gesellschaftsordnung“ predigen. Nachweise? Zitate aus Predigten? Natürlich gibt es sie nicht. Ourghi will nur den Verstellungsvorwurf zum Reflex gegen jede Äußerung muslimischer Vertreter etablieren und konditionieren. Dass er mit all diesen antimuslimischen Narrativen der rechten Szene dort mittlerweile ein gern zitierter Gast ist, kümmert ihn vermutlich nicht weiter.

Auch er phantasiert in pegidistischer Diktion davon, kritische Themen würden tabuisiert. Bar jeden Gespürs dafür, dass selbst er mit seinen sektiererischen, kruden Hasspredigten völlig freien Zugang zu diversen Medien hat und niemand sich an der fehlenden Substanz seiner Beiträge stört, ist ihm nicht Debatte genug. Sich regelmäßig in unqualifizierter, substanzloser Weise produzieren zu dürfen, sich dennoch unwidersprochen über eine imaginierte Tabuisierung zu beschweren und im gleichen Atemzug den Verbänden eine „weinerliche Opferhaltung“ zu unterstellen, ist eine bemerkenswerte Wahrnehmung der Realität.

Nach der Kriminalisierung folgt bei Ourghi die Forderung nach Repression gegenüber Muslimen. Ganz in seinem Element des Feldzuges gegenüber undankbaren nichtibaditischen Muslimen, möchte man da vermuten. Denn, so Ourghi „selbstverständlich darf der Staat jederzeit die Moscheen observieren.“ Eine derartige Verfassungswidrigkeit seiner Positionen kümmert ihn längst nicht mehr, er ist schon dabei, mit der zornigen Menge im Rücken die Fackeln zu entzünden.

Und weiter: „zum Wohle der Freiheit“ müsse eingesehen werden, dass die Zusammenarbeit mit muslimischen Dachverbänden einzustellen sei. Sie würden mit ihrem Islam nicht in die Gesellschaft passen. Ourghi gehört damit zu den Wortführern einer immer weiter um sich greifenden Sprache der Segregation, die dauerhaft perpetuiert wissen wollen, dass eine bestimmte Form des Islam, die „nichtreformierte“ oder „konservative“ nicht in „unsere Gesellschaft passt“. Wer das häufig genug wiederholt, wird bald auch davon reden, dass bestimmte Muslime nicht mehr in unsere Gesellschaft passen. Was danach folgt, mag man sich nicht ausmalen.

Ourghi, ganz das verkannte Universalgenie, hat dann auch eine brillante Lösung als Alternative zu den Religionsgemeinschaften: Der Staat solle einen bundesweiten Rat gründen, der sich aus muslimischen, grundgesetztreuen Persönlichkeiten und anderen Glaubensgemeinschaften zusammensetze.

Er plädiert also dafür, die weltanschauliche und religiöse Neutralität des Staates aufzugeben, also das Staatsverständnis unseres Grundgesetzes auf den Kopf zu stellen. Der Staat soll dann eine Religionsprüfung („muslimisch“) und eine Gesinnungsprüfung („grundgesetztreu“) durchführen und damit also bestimmen, wer bei ihm Muslim ist! Und diesen Muslimen soll der Staat dann noch andere Glaubensgemeinschaften beistellen, die sich gemeinsam um die Genesung des islamischen Wesens kümmern dürfen.

Liebe Universitäten, liebe Ministerielle! Das kommt dabei heraus, wenn die Bundesländer Import-Experten die islamische Theologie oder Religionspädagogik anvertrauen. „Experten“ ohne jegliche Kenntnis der hiesigen gewachsenen, einheimischen, islamischen Religionsgemeinschaften. „Experten“ ohne das geringste Verständnis für unsere Verfassungsordnung, die glauben, verfassungsfeindliche Forderungen müssten nur mit den passenden Adjektiven liberal, humanistisch und reformiert garniert werden, um nicht als das aufzufallen, was sie sind: nämlich ein Rückfall in dunkelste Zeiten deutscher Geschichte.

Fortsetzung folgt mit Teil  3

Update vom 09.08.2016:

Abdel-Hakim Ourghi erklärt via Facebook-Kommentar: “Ich bin kein Ibadit. Ich gehöre zu der sunnitisch-malikitischen Rechtsschule.”